17. Januar 2019

Deus ex Algorithmus

„Merger“ von Keiichi Matsuda

Lesezeit: 2 min.

Die Zukunft kritisch hinterfragen: Es sind die wirklich großen Fragen und Ängste der Digitalisierung, die den Architekten und Künstler Keiichi Matsuda anzutreiben scheinen, wenn man nicht nur auf seinen jüngsten 360-Grad-Kurzfilm Merger, sondern nochmal auf seinen auch an dieser Stelle beachteten Media-Horror Hyper-Reality blickt. Denn was Matsuda in seinen kleinen filmischen Meisterwerken entfaltet, provoziert und stimuliert zugleich. Gerade dann, wenn man bereit ist, seine letztlich gar nicht mal so sehr überspitzte und mit viel Bewusstsein für den Einsatz medialer Techniken formulierte Bestandsaufname gesellschaftlicher Strömungen wirklich auf sich wirken zu lassen.

War es in Hyper-Reality vor allem die strikte Kopplung aus Wahrnehmung und kontemporären (sozialen) Medien, die den Alltag von uns Menschen immer mehr bestimmt, nähert sich Merger nun konzentriert der wachsenden Dominanz der Algorithmen in all unseren Lebensbereichen an. Zur Disposition stehen Problemkerne wie etwa die Frage, wie Algorithmen unsere Arbeit verändern und darüber hinaus auch unsere Weltanschauung beeinflussen und in einen Strudel permanenter Selbstoptimierung überführen könn(t)en.

Hinter all dem scheint die längst diskutierte Tendenz einer Verengung ganzer Gesellschaften auf ungebrochene Produktivität und maschinell aufoktroyierter Dauerrationalität im Sinne eines von Zahlen vordeklinierten Omniökonomismus auf, den Matsuda in Merger auch mithilfe der eindringlichen, immer isolierteren Darstellung von Sarah Winter (u.a. bekannt aus der Serie Versailles) als einziger Schauspielerin innerhalb der gut vier Minuten des Films vorführt.

Kurzum: Ein Kleinod, das man unbedingt auf sich wirken und - auch ohne die unzweifelhaft vorhandenen Potenziale und Segen der Digitalisierung völlig wegzuschieben - als einen von vielen Fingerzeigen der Gegenwart hinsichtlich unserer digitalen Zukunft ernstnehmen sollte. 

Abb. © Keiichi Matsuda

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