20. November 2023

„Assassin’s Creed Mirage“: (Ein bisschen) Back to the Roots

Ein Ableger als Auszeit vom Größenwahn

Lesezeit: 4 min.

Mit richtig langlebigen Serien ist es ja meist so eine Sache. Mal verpassen sie den bestmöglichen Abschluss, mal den nötigen Sprung zu neuen Ufern. Bei Ubisofts schier endloser Meuchelmördersaga lässt sich wohl kaum noch sagen, wann ein Ende mehr oder weniger sinnvoll gewesen sein könnte. Echte Neuerungen gab es hingegen nur wenige. Diese sorgten aber stets für Diskussionen, wobei gerade der Sprung hin zu mehr Action-RPG-Anteilen, wie er mit den jüngsten drei Hauptablegern seit Origins vollzogen wurde, mit am kontroversesten ausfiel. Denn vielen Fans fehlte nun fast gänzlich der Bezug zur Ursprungsidee des spielerischen Meuchelns aus dem Schatten, was mit erhöhter Vorsicht vor übermächtigen Feinden und einem entsprechend vorsichtigen Agieren auch bei anderen Missionen verbunden war.

Nun dreht Ubisoft diese Entwicklung ein Stück weit zurück und präsentiert mit Mirage, das Anfang Oktober für alle Sony- und Microsoftkonsolen sowie für PC erschienen ist, einen Ableger, der sich bewusst wieder mehr auf das anfängliche Kerngeschäft der Reihe besinnt. Das wird zwar sicher Fans der letzten Teile nicht vollends freuen, könnte aber eben eher altgediente Käufer*innen etwas versöhnen. Dabei ist jedoch gleich zu notieren, dass man Mirage schon aufgrund seiner (für AC-Verhältnisse!) relativ kompakten Spielzeit von weniger als 15 Stunden in der Kampagne anmerkt, dass es zunächst als DLC-Episode zum „Vorgänger“ Valhalla angedacht war. Die Verbindung besteht in Protagonist Basim, der in Valhalla auftrat, und nun als spielbare Figur in Bagdad seinem Kerngeschäft als Mitglied des Assassinenordens nachgeht.

Die Story von Mirage widmet sich Basims Vorgeschichte und versammelt dabei typische Plotversatzstücke der Reihe, ohne wirklich hervorzustechen. Relativ routiniert werden Standards rund um die Feindschaft mit den Tempelrittern abgefrühstückt und dabei einige Schurken benannt, die es ohne größere Charakterisierung nacheinander in den Missionen abzuräumen gilt. Garniert wird der Plot mit netten Zwischensequenzen und Dialogen, dazu gesellen sich die üblichen Schriftfunde wie Briefe und Dokumente, um sich weiter in die Geschichte zu vertiefen.

Besonders auffällig an Mirage ist der Schauplatz Bagdad, der an allen Ecken und Enden als zeitgemäß präsentierte Reminiszenz an die ersten AC-Teile funktioniert. Bagdad ist als Open World-Spielwiese wesentlich kleiner als alles, was in den letzten Jahren im AC-Kosmos inszeniert wurde und sorgt gerade deshalb für eine angenehme Überschaubarkeit, ohne nun als zu klein angesehen werden zu können. Für Abwechslung sorgen mehrere Stadtteile sowie Ausflüge ins Umland, allerdings bleibt das Geschehen im Kern in der Stadt. Wie früher klettert und schwingt sich Basim von Haus zu Haus und arbeitet wahlweise den üblichen Kram wie Sammelaufgaben oder das Erklimmen von Türmen zur Vervollständigung der Übersichtskarte ab.

Die Steuerung gerät dabei insgesamt akzeptabel, jedoch sorgt eine gewisse Hakeligkeit für einige Fehlsprünge und auch in den Kämpfen ginge es etwas präziser. Die Gefechte sind allerdings in Mirage deutlich weniger präsent als in den Vorgängern und sogar simpler. Auf Knopfdruck pariert Basim gegnerische Angriffe und schaltet weiß leuchtende Kontrahenten (zumindest die nicht gepanzerten) einfach aus. Leuchten die Angreifer rot, ist Gefahr im Verzug und Ausweichen angesagt, was ebenfalls nicht viel Können von uns verlangt. Im Verlauf des Spiels erlernt Basim sogar eine Art Superattacke, die bei günstigem Einsatz fast schon zu mächtig wirkt.

Wer sich übrigens auf ein komplexes Auflevelsystem für weitere Fähigkeiten freut, wird ebenso ernüchtert wie Freunde komplexerer Schleichmissionen. Hier enttäuscht Mirage schon aufgrund des mickrigen Skilltrees und der anspruchslosen Schleicherei dann doch sehr, denn speziell der Rückbezug zu den Anfängen hätte mit modernerer Technik doch die Chance geboten, dieses ewige Manko der Reihe endlich mal auszumerzen und der Assassinenthematik ansprechend Rechnung zu tragen. Auch beim Missionsdesign hätte mehr drin sein können, denn zu oft wird dieselbe Leier geboten, wenn wir Objekte aus Lagern stehlen oder feste Zielpersonen ausschalten sollen. Das hierbei, wie immer bei AC, unser Adler auf Knopfdruck zum Einsatz kommt, um uns bessere Übersicht zu verschaffen, oder gelegentlich eine Art Detektivmodus für das Filtern von Details zum Zuge kommt, sorgt in seiner Formelhaftigkeit auch nicht gerade für spielerisches Prickeln.

Dennoch ist Mirage beileibe kein schlechtes Action-Adventure, sondern eben ein solider Retroausflug mit geringerem Umfang, der Fans der Reihe insgesamt sicher zufriedenstellt, ohne Begeisterungsstürme auszulösen. Hier wird nichts schlecht gemacht, aber eben auch nichts überragend. Das gilt ebenfalls für die Technik, die gerade bei den Stadtteilen Bagdads mit schönen Details punktet und der stimmungsvolle Soundtrack sowie die ordentlich vertonten Figuren untermalen Mirage in jedem Fall angemessen. In unserer PS4-Version tauchten auch nur wenige kleinere Bugs auf, sodass unter dem Strich ein kompakter, angenehmer AC-Ausflug steht, der Spieler*innen im Gegensatz zu den Vorgängern mal nicht mit fast endloser Spielzeit erschlägt. Wir sind aber nach dieser „Innovationssauszeit“ mit Mirage besonders gespannt, was Ubisoft nun als nächstes für sein Dauerfranchise vorgesehen hat. Der nächste Teil kommt ja bestimmt.

Fazit

Guter, aber nicht hervorragender AC-Retroableger, der alles ein bisschen kleiner anlegt und damit auch seine Fans findet.

Assassin’s Creed Mirage • Ubisoft • Open World-RPG/Action-Adventure • PS4/PS5/Xbox One/Xbox Series X/PC

Abb. © Ubisoft

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