20. Juli 2023

„Barbie“ – High Heels oder Birkenstocks?

Keine Sorge: Greta Gerwigs Spielzeugverfilmung ist nur sanft feministisch (aber sehr unterhaltsam)

Lesezeit: 3 min.

Ja, es geht in „Barbie“ gegen das Patriarchat, ja, die Männer, besser gesagt die „Kens“ sind nicht die hellsten, aber am Ende ist alles nur ein großer Spaß, der ganz bewusst niemandem wirklich weh tut. Außer natürlich solchen Ewiggestrigen, die es allen Ernstes für einen Angriff auf ihre Männlichkeit halten, dass es in Barbieland tatsächlich auch eine Trans-Barbie oder eine Barbie im Rollstuhl gibt und ansonsten Barbies und Kens aller Farben und Körperformen die Welt bevölkern.

Solche Vielfalt zu akzeptieren ist ja nun längst nicht mehr revolutionär oder gar transgressiv, weswegen die „feministische Botschaft“ dieser Barbie-Realfilmverfilmung auch nicht wirklich bedrohlich anmutet. Was Regisseurin und Co-Autorin Greta Gerwig („Lady Bird“, „Little Women“) aus dem „Stoff“ gemacht hat ist beeindruckend. Mit offensichtlich großer Freiheit hat sie die ebenso verehrte wie verhasste Welt der Barbies genommen und gleichzeitig einen pro Barbie-Film gedreht, der aber auch selbstironisch ist, gleichzeitig einen zweistündigen Werbefilm für ein Plastikprodukt, der aber auch kapitalismuskritisch verstanden werden kann.

Die Geschichte beginnt in der pinken Barbiewelt, in der Barbie (Margot Robbie) mit vielen anderen Barbies und Kens (unter anderem Ryan Gosling) ein unbeschwertes Leben in ihrem pinken Barbie-Traumhaus lebt und mit dem Barbie-Sportwagen zum Strand fährt. Bis sie eines Tages an den Tod denkt! Oh mein Gott! Für einen Moment verstummt die Barbiewelt, doch dann überspielt Barbie diesen Gedanken, der sich aber doch in ihrem Kopf festsetzt. Die Ursache für ihren düsteren Gedanken liegt in einer Art Bruch der Verbindung von Barbiewelt und menschlicher Realität. Dort hat jemand offenbar mit ihrer Barbie-Puppe etwas zu düster gespielt, also nicht den Vorgaben entsprechend. Und so muss sich Barbie (mit Ken im Schlepptau) auf in die Realität machen, um nach dem Rechten zu schauen.

Dort trifft sie auf Gloria (America Ferrara), eine Sekretärin im Mattel-Konzern, die an ihrem Job und damit den Barbies zweifelt und den Chef von Mattel, gespielt von Will Ferrell, der sinnigerweise eine Horde von klonartigen, ausschließlich männlichen Angestellten anführt.

Aus diesem Nichts an Geschichte formt Greta Gerwig einen pinkbunten Reigen, der seine feministische Botschaft zwar vollkommen unsubtil vorträgt, aber selbstironisch und reflektiert genug ist, um nicht zu glauben, dass ein Matriarchat ein idealer Ersatz für das Patriarchat wäre.

Statt dessen postuliert Gerwig eine Gesellschaft, in der alle lieb zueinander sind und keine Vorurteile herrschen. Einer Botschaft, gegen die Niemand ernsthaft Einwände vorbringen kann, deren Banalität sich gut hinter zwei Stunden pinker Ausstattung, absurden Musical-Nummern und tatsächlich oft geistreichen Gags versteckt.

Dass das im Kern zudem ein zweistündiger Werbefilm für Produkte eines milliardenschweren Konzerns ist, macht das Ganze nur noch absurder, zeigt aber auch, wohin sich Hollywood entwickelt: Der „Lego-Film“ war ein Anfang, letztlich mag man auch Marvel und DC-Filme dazu zählen, die „Transformers“-Saga ohnehin, die der Hasbro-Konzern demnächst noch ausbauen wird. Nun steigt auch noch Mattel ein und hat dem Vernehmen nach dutzende Projekte in Arbeit, darunter Verfilmungen vom Dinosaurier Barney, über He-Man, bis hin zu Polly Pocket. Ob einer dieser Filme den Witz dieses „Barbie“-Films erreicht bleibt abzuwarten, das es einen „Ken“-Spin-Off geben wird, dürfte angesichts des absehbaren Erfolgs nur eine Frage der Zeit sein.

Barbie • USA 2023 • Regie: Greta Gerwig • Darsteller: Margot Robbie, Ryan Gosling, America Ferrara, Will Ferrell • ab 20. Juli im Kino

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.