22. März 2024

„3 Body Problem“ – Die Qual der Wahl

Neben einer Netflix-Verfilmung von Cixin Lius könnte man sich auch eine chinesische anschauen

Lesezeit: 3 min.

Normalerweise dauert es nicht so lange, bis ein so erfolgreiches Buch wie Cixin Lius „Die drei Sonnen“ (im Shop) verfilmt wird. 2007 wurde der erste Band der sogenannten Trisolaris-Trilogie veröffentlicht, 2014 die englische Übersetzung, für die Liu als erster asiatischer Autor mit dem renommierten Hugo Award ausgezeichnet wurde. Spätestens als dann Barack Obama und Mark Zuckerberg den Roman zu ihren Favoriten zählten war klar, dass man es hier mit einem kulturellen Phänomen zu tun hatte, das unweigerlich das Interesse eines Filmstudios oder Streamers auf sich ziehen würde.

Zehn Jahre später ist es nun Netflix, der mit „3 Body Problem“ eine Verfilmung vorlegt, die allerdings nicht die erste ist. Vor Jahren entstand schon eine chinesische Filmversion, die nie veröffentlicht wurde, seit letztem Jahr kann man Online eine chinesische TV-Serie finden – bei Youtube auch mit englischen Untertiteln – die den höchst komplexen Stoff in satten 30 Folgen verarbeitet.

Wer sich weniger Zeit nehmen möchte und es internationaler, man könnte auch sagen: netflixiger mag, für den haben die „Game of Thrones“ Macher David Benioff und D.B. Weiss in Zusammenarbeit mit Alexander Woo die knapp 600 Seiten des Romans in acht Folgen komprimiert.

Wie der Roman beginnt auch die Netflix-Serie (interessanterweise nicht die chinesische Version!) in den Wirren der Kulturrevolution. Der Physiker Ye Zhetai soll von seinem Glauben an die Regeln der Physik abschwören, denn diese lassen den Gedanken zu, dass es vor dem Big Bang vielleicht doch einen Gott gegeben hat. Doch er bleibt standhaft und wird erschlagen, vor den Augen seiner Tochter Ye Winjie (Zine Tseng, Rosalind Chao). In der Vergangenheit wird diese bald eine weitreichende Entscheidung treffen, deren Folgen bis in die Gegenwart zu spüren sein wird.

In dieser beginnt die Serie wie ein Krimi, der Detektiv Da Shi (Benedict Wong) ermittelt in seltsamen Todesfällen von Wissenschaftlern, die sich offenbar umgebracht haben, da ihr Glaube in die Regeln der Physik zutiefst erschüttert wurde. Einer dieser Todesfälle bringt fünf ehemalige Studenten zusammen, die eine jener typischen multikulturellen, diverse Ethnien abdeckenden Gruppen von Charakteren bilden, die Netflix und seine Algorithmen so lieben: Ein Schwarzer, eine Asiatin, eine Lateinamerikanerin und zwei Weiße, die fast jede Zielgruppe abdecken. (Zum Glück war kein Platz für Matthias Schweighöfer …)

Wie es weitergeht wissen Leser des Romans, alle anderen sollten es sich anschauen, eine kurze Zusammenfassung erscheint angesichts der Komplexität der Ideen von Cixin Liu wenig zielführend. Es sei nur gesagt, dass es um Hard Science-Fiction geht, die mögliche Vernichtung der Menschheit, eine außerirdische Bedrohung, Klimawandel und ein Computerspiel namens 3 Body.

Hard Science-Fiction, die die Macher der Netflix-Serie weitestgehend werktreu umsetzen, natürlich mit enormen Kürzungen.

Dass sich Benioff und Weiss als Macher des Fantasy-Megahits „Game of Thrones“ besonders für jene Passagen begeistern konnten, die in der Welt des Computerspiels spielen, liegt auf der Hand. Hier können sie sich austoben, hier kann die Serie durch ihr enormes Budget besonders Punkten. Oft aber stellt sich die Frage, ob man sich nicht lieber die chinesische Version anschauen sollte, die allein durch das einheimische Figurenpersonal natürlich viel authentischer wirkt. Gut, 30 Folgen sind kein Pappenstiel, aber wenn sich schon einmal die Gelegenheit bietet, könnte man diese Alternative in Erwägung ziehen.

So oder so überzeugt auch die Netflix-Version von „3 Body Problem“ durch ihre ambitionierte Erzählweise, die zwar zwangsläufig manche Aspekte des Romans eindampft, Figuren zusammenfasst und Erzählstränge vereinfacht, aber dennoch zu den ambitionierteren Science-Fiction-Serien jüngerer Vergangenheit zählt.

3 Body Problem • USA 2024 • Creator: David Benioff, D.B. Weiss, Alexander Woo • Darsteller: Jovan Adepo, Liam Cunningham, Eiza González, Jess Hong, Benedict Wong, Marlo Kelly, Alex Sharp, Sea Shimooka, Rosalind Chao, Jonathan Pryce • acht Folgen, jetzt bei Netflix

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