31. März 2024

Miles Cameron: „Artifact Space“

Spannender Alltag auf einem kilometerlangen Großraumschiff in der Zukunft

Lesezeit: 3 min.

In der fernen Zukunft von Miles Camerons Roman „Artifact Space“ (im Shop) hat sich die Menschheit trotz ‚unserer’ Chaoszeit auf Old Terra im All ausgebreitet. Besonders wichtig sind im Morgen die futuristische Version der Handelsmarine, die Patrizierfamilien und die gigantischen, zehn Kilometer langen Raumkreuzer, die durch die finsteren Tiefen des Alls fliegen und springen – Letzteres dankt der Relikte an Post-Urknall-Raumzeit im titelgebenden Artefaktraum, der das Springen durch den Kosmos ermöglicht. Zahlreiche Planeten und Orbitalstationen werden so zur Aufnahme und zum Verkauf von Waren angesteuert, doch eigentlich geht es nur um eines: Das von den Seestern-Aliens hergestellte Xenoglas, ohne das in der Zukunft von „Artifact Space“ nichts geht.

Die junge Waise und Pilotin Marca Nbaro erschleicht sich mithilfe eines Hackers einen Platz als Fähnrich auf dem Großraumschiff Athen, das losfliegt, um Xenoglas abzuholen – und erlebt das Abenteuer ihres Lebens. Am Anfang fürchtet Nbaro bei so gut wie jeder Gelegenheit oder Begegnung, enttarnt zu werden. Aber bald konzentriert sie sich ganz auf ihre neuen zwischenmenschlichen Kontakte sowie ihre Ausbildung an Bord der kolossalen Athen. Umso mehr, da nicht nur die unkonventionelle Pilotin und Schwertkämpferin Ziel einer persönlichen, gegen sie gerichteten Intrige wird, sondern irgendein verschwörerischer Feind es obendrein auf die beeindruckenden Großschiffe der Flotte abgesehen hat, die Reise durch den Weltraum noch gefährlicher wird …

Autor Christian Cameron wurde in Pittsburgh geboren, studierte mittelalterliche Geschichte und ging zur US-Navy, wo er als Geheimdienstoffizier arbeitete. Seit 2002 lebt der Schwert-Enthusiast und begeisterte Reenactment-Darsteller mit seiner Familie in Kanada. Bereits 1998 veröffentlichte er als Gordon Kent seinen ersten von mehreren Spionage-Thrillern, den er noch zusammen mit seinem Vater geschrieben hat. Inzwischen kennt man Cameron auch als Autor historischer Stoffe, verfasste er u. a. eine sechsbändige Serie über die Perserkriege. Wann immer eines der 50 Bücher, die der Amerikaner geschrieben hat, Fantasy war bzw. ist, nutzt er das Pseudonym Miles Cameron. So auch bei seinem ersten Ausflug in die Science-Fiction.


Miles Cameron. Foto © Leonard Schlichting

Und was für ein Flug das ist! Cameron geht es gar nicht so sehr um die Innovation der Space Opera, obwohl er die Tradition des Subgenres (im Kontext seiner fernen Zukunft) unaufgeregt mit aktuellen gesellschaftlichen und sprachlichen Entwicklungen anreichert. Vor allem hooked „Artifact Space“ früh dadurch, dass man im Grunde zusammen mit Protagonistin Marca Nbaro die Athen betritt, auf die erste Mission geht, sich im Gleichschritt mit ihr als Teil der Crew akklimatisiert, etabliert. Wen Nbaro sympathisch findet, den findet man selbst sympathisch, und wenn sie bei einer Landung eines kleineren Frachtschiffs ins Schwitzen gerät, dann fiebert man mit. Selbst wenn sie auf einem fremden Planeten Klamotten kauft, ihr Raumanzug in der Wäscherei des Schiffes verloren geht oder sie als Löwin die Verantwortung für den Funk im Tower der Athen hat, ist man voll dabei.

Die Verbindung zu Nbaro und ihrem innersten Kreis, dem gesamten Großraumschiff eigentlich, wird sehr schnell sehr stark – deshalb macht es überhaupt nichts, dass Cameron den Plot seines Romans in der ersten Hälfte eher im Hintergrund abwickelt, er sich zunächst voll und ganz auf seine Hauptfigur und deren Alltag auf und um die Athen konzentriert. Die Vorgänge und Routinen, selbst die Funkprotokolle in der Zukunft sind so faszinierend, wie man es anfangs nicht für möglich halten würde. Und nach der Halbzeit dreht Cameron Verschwörungs-Story und Military-SF-Action so richtig auf in seiner Space Opera.

Das alles macht „Artifact Space“ zu einer sehr vergnüglichen Weltraum-Lektüre für Fans von Adrian Tchaikovsky (im Shop), Alastair Reynolds (im Shop), James Corey (im Shop) und Lois McMaster Bujold.

Miles Cameron: Artifact Space • Roman • Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kempen • Heyne, München 2024 • 672 Seiten • Erhältlich als Paperback und eBook • Preis des Paperbacks: 18,00 € • im Shop

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Christian Endres berichtet seit 2014 als Teil des Teams von diezukunft.de über Science-Fiction. Er schreibt sie aber auch selbst – im Mai 2024 erscheint bei Heyne sein SF-Roman „Wolfszone“.

 

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