30. August 2017

Containerisierung

Nicolas Dickners überraschender Roman „Die sechs Freiheitsgrade“

Lesezeit: 1 min.

Kann man die fast unvorstellbare Flut an halbautomatisiert laufenden, geradezu drohnenartigen Frachtcontainer-Riesen, die in unserer vernetzten Welt über die Ozeane, durch die Datenbanken und von Hafen zu Hafen geschippert werden, zur Achse eines unterhaltsamen Romans über eine entmutigte junge Tüftlerin, ihren genialen, agoraphobischen Hacker-Freund und eine findige, einstmals kriminelle Polizeiberaterin und Datenanalystin machen?

Man kann. Zumindest der kanadische Autor Nicolas Dickner („Nikolski“, „Tarmac – Apokalypse für Anfänger“), der nämlich genau das in seinem überraschenden neuen Buch „Die sechs Freiheitsgrade“ getan hat. Das Ergebnis, das von Andreas Jandl aus dem kanadischen Französischen ins Deutsche übertragen wurde, ist nicht nur wider Erwarten charmant und packend, sondern obendrein ein gewitzt konstruierter Roman über die Containerisierung, Digitalisierung und Globalisierung der Moderne mitsamt ihres IT-Hintergrunds aus sich ständig entwickelnden Programmiersprachen und Betriebssystemen. Für sein dennoch immens warmherziges Werk, das trotz aller Technik äußerst menschlich tickt, erhielt der 1972 geborene Dickner 2015 den Governor General’s Award for Fiction, einen der renommiertesten Literaturpreise seiner kanadischen Heimat.

Während der Titel „Die sechs Freiheitsgrade“ auf die Bewegungsfreiheit starrer Körper im dreidimensionalen Raum anspielt, stammt das Umschlagmotiv des Buches übrigens vom schottischen Cartoonisten Tom Gauld, den Science-Fiction-Fans überall sofort erkennen – auch in der Buchhandlung, wo sein reduzierter, minimalistischer Stil ebenfalls sofort heraussticht.

Nicolas Dickner: Die sechs Freiheitsgrade • Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt 2017 • 320 Seiten • Hardcover: 24,00 Euro

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