Weihnachtslektüre: Bezaubernde Bücher

Weihnachten kommt Tag für Tag näher ‒ und somit auch die große Geschenkesause. Wer noch auf der Suche nach der passenden Lektüre für die Kinder in der Familie und dem Freundeskreis ist, wird vielleicht hier fündig. Es folgen ein paar lesenswerte Bücher und Comics.

Das Mädchen und der Bär

An Maja Lundes Romanen kamen Leser:innen und Kritiker:innen in den vergangenen Jahren nicht vorbei. Dass „Die Geschichte der Bienen“-Autorin auch Kinder- und Jugendbücher schreibt, gerät darüber manchmal in Vergessenheit.

Vollkommen zu Unrecht, wie Lundes erster Comic „Der Eisbärprinz“ (im Shop) zeigt. Das alte norwegische Märchen „Der weiße Bär König Valomon“ erzählt die Geschichte dreier ungleicher Protagonist:innen. Die schöne Prinzessin Eira verliert eines Tages ihre Eltern. Von Trauer überwältigt flüchtet sie sich in alles, was sie sich nur wünschen kann. Als sie den jungen Prinzen Valemon trifft und ihm den Hof macht, weist er sie jedoch ab. Statt damit zu leben, verflucht sie ihn: Tagsüber ist Valemon ein Eisbär, nachts ein Mensch. Sollte jemals jemand sein menschliches Gesicht sehen, bleibt er auf immer und ewig ein Tier. Als solches lernt ihn auch die tierliebe Liv kennen. Gemeinsam mit ihren Schwestern und ihrem Großvater lebt und arbeitet sie auf einem Gutshof, der unter Missernten leidet. Die tollpatschige Liv ist hier keine große Hilfe. Sie freundet sich mit dem (sprechenden!) Eisbären an und folgt ihm, um ihrer Familie nicht weiter zur Last zu fallen. Je länger sie mit dem verfluchten Valemon zusammen ist, desto weniger kann sie widerstehen, ihn nachts zu betrachten – ohne etwas von dem Fluch zu ahnen.

„Der Eisbärprinz“ ist ein von Maja Lunde und Hans Jørgen Sandnes („Krypto“, Loewe Verlag) liebevoll in Szene gesetztes Märchen. In bester Disney-Manier begegnen sich hier eine böse Königin, ein verfluchter Prinz und eine unschuldige Heldin. Vergleiche mit „Die Schöne und das Biest“ liegen da nahe, gibt es doch auch hier einen mehr als sehenswerten Showdown. Ein absolutes Muss für junge und junggebliebene Märchenfans.

Maja Lunde, Hans Jørgen Sandnes: Der Eisbärprinz • Aus dem Norwegischen von Ina Kronenberger• cbj, München, 2023 • 232 Seiten • Erhältlich als Hardcover • Preis: 20,00 € • Empfohlen ab 8 Jahren • im Shop

Der Junge und der Dinosaurier

Hand aufs Herz: Wer hat sich zu Weihnachten nicht ein Haustier gewünscht? Der im Rollstuhl sitzende William Trudel möchte jedoch weder Hund, noch Katze oder Kaninchen. Nein, es muss ein echter Dinosaurier sein. Glücklicherweise hat der Weihnachtsmann gerade ein seltsames Ei am Nordpol entdeckt und es höchstpersönlich ausgebrütet. Und was ist geschlüpft? Ein kleiner Dino! Da steht dem Kinderwunsch doch eigentlich nichts mehr im Weg …

„Der Weihnachtosaurus“ (im Shop) erblickte bereits 2016 das Licht der Buchwelt ‒ und begeistert seitdem die Kinder im angloamerikanischen Raum. Ein Jahr später erschien der erste Band auf Deutsch. Inzwischen ist die Reihe um zwei weitere Bände und ein Kinderbuch angewachsen. Papa des knuffigen Sauriers: Tom Fletcher, Kopf der britischen Popband „McFly“. Der Sänger und Songwriter, der auf zehn Nummer-eins-Hits in Großbritannien zurückblicken kann, beweist bei den Geschichten vor allem eines: seinen Sinn für Humor und leicht abgedrehte Abenteuer. Unterstrichen wird beides durch die fabelhaften schwarz-weiß Illustrationen von Shane Devries. Der Australier gibt William und dem Weihnachtosaurus nicht nur ein Gesicht. Seine Zeichnungen geben den Figuren auch zusätzliche tiefe, unterstreichen Aktionen und Emotionen – ein echter Hingucker in bester Zeichentrickmanier.

Einzige Nebenwirkung dieser Reihe: Es könnte sein, dass sich der Nachwuchs zum nächsten Weihnachtsfest einen echten Dino wünscht …

Tom Fletcher, Shane Devries: Der Weihnachtosaurus • Englischen von Franziska Gehm • cbj, München, seit 2017 • 384 bis 432 Seiten • Erhältlich als Hardcover, Taschenbuch und eBook • Preis der Hardcover: je 15,00 bis 16,00 € • Empfohlen ab 8 Jahren • im Shop

Der Prinz und die Götter

Anime-Fans fiebern bereits „Der Junge und der Reiher“ entgegen, dem neuen – und vielleicht auch letztem – Streifen von Altmeister Hayao Miyazaki. Der Mitbegründer des legendären Ghibli-Studios hat der Welt unvergessliche Filme wie „Mein Nachbar Totoro“ und „Chihiros Reise ins Zauberland“ geschenkt. Reprodukt hat nun sein Manga-Programm um eines von Miyazaki gezeichneten Frühwerken erweitert: „Shunas Reise“.

Die Geschichte von 1983 basiert auf einer alten, tibetischen Erzählung, weicht von dieser ab und beinhaltet viele Elemente, die aufmerksame Leser:innen aus den Animes des preisgekrönten Regisseurs kennen dürften. Der junge Prinz Shuna lebt in einem kleinen Tal, in dem sich die Bewohner kaum von der kärglich wachsenden Gelbhirse ernähren können. Als ein Reisender unweit von Shunas Heimat kollabiert, erzählt er dem jungen Mann von einem goldenen Korn, das im Westen wächst. Obwohl sein Volk nicht Hunger leidet, macht sich der Prinz auf ins Unbekannte. Auf seiner Reise begegnen ihm vor allem Menschenjäger, die ihre Sklaven gegen jenes begehrte Korn bei den Göttermenschen tauschen. Shuna kann nicht anders als zu handeln: Er rettet zwei versklavte Mädchen – und will die Göttermenschen um ihre goldenen Ähren bringen.

In seiner emonogatari (Bildergeschichte) erzählt Miyazaki eine zeitlos wirkende Mär über Mensch und Natur, Freiheit und Unterdrückung, Träume und Albträume. Seine zauberhaften Aquarellzeichnungen fangen dabei die Magie ein, die Animes wie „Nausicaä aus dem Tal der Winde“ und „Prinzessin Mononoke“ bis heute zu einem Erlebnis machen. Ein fabelhaftes Kleinod, das nicht nur Ghibli-Fans begeistern dürfte.

Hayao Miyazaki: Shunas Reise • Aus dem Japanischen von Nora Bierich • Reprodukt, Berlin, 2023 • 160 Seiten • Erhältlich als Hardcover • Preis: 20,00 € • Empfohlen ab 10 Jahren