28. November 2016 1

Sie sind da!

Fünf Erstkontakt-Romane für alle, die nach „The Arrival“ Lust auf mehr haben

Lesezeit: 6 min.

In „Arrival“, der Verfilmung von Ted Chiangs Kurzgeschichte „Story of your Life“, der am 24.11. in den deutschen Kinos gestartet ist, tauchen plötzlich außerirdische Kapseln über der Erde auf. Die Linguistin Louise Banks wird beauftragt, die Alien-Sprache zu entschlüsseln, um herauszufinden, ob sie friedliche oder feindliche Absichten haben. Was dann folgt ist die Geschichte eines nicht unproblematischen Erstkontakts mit Thriller-Elementen, aber kein Alien-kriegt-Tritt-in-den-Allerwertesten à la „Independence Day“. Mir gefällt diese Art von eher leiseren, intellektuellen Kontaktaufnahme-Geschichten – Kriege gegen „das Fremde“ führen wir auf der Erde ohnehin genug. Deswegen sind hier meine fünf liebsten First-Contact-Romane, in denen zur Abwechslung die Wissenschaftler und nicht die schießwütigen Militärs den Ton angeben:

5. Greg Bear: Äon

Ein Lichtblitz zuckt über den Himmel, und wenig später entdecken Astronomen einen künstlichen Himmelskörper, der rund dreihundert Meter lang ist und offenbar die Erde umkreist. Als Astronauten schließlich auf dem »Stein«, wie er bald genannt wird, landen, stoßen sie auf ein erschreckendes Phänomen: Der Stein ist künstlich ausgehöhlt, und die letzte der insgesamt sieben Kammern erstreckt sich weit in die Dunkelheit jenseits der Außenhülle. Führt er in eine andere Dimension? Oder durch die Zeit? Und was haben die geheimnisvollen Erschaffer des Steins mit der Menschheit vor? Während zwischen den Mächten auf der Erde ein Krieg um den Stein zu entbrennen droht, sind die Forschungsarbeiten in allen Kammern in vollem Gange; vor allem, als die Bibliothek der Fremden gefunden wird. Schließlich ist es soweit, und die erste Expedition bricht in den Tunnel jenseits der siebten Kammer auf. Was sie dort findet, übertrifft selbst ihre kühnsten Theorien.

Wissenschaft, Politik, Abenteuer – Greg Bear vereint all diese Elemente zu einem grandiosen Erstkontakt-Roman inklusive Wesen, die ganz anders denken, handeln und fühlen als wir und dennoch mit uns verwandt sind.

Greg Bear: Äon • Roman • Aus dem Amerikanischen von Reinhard Heinz • Mit einem wissenschaftlichen Anhang von Uwe Neuhold • Wilhelm Heyne Verlag, München 2013 • Taschenbuch • 656 Seiten • € 10,99 im Shop

 

4. Hal Clement: Schwerkraft

Stellen Sie sich eine Welt vor, auf der die Schwerkraft nahezu siebenhundertmal so stark ist wie auf der Erde. Die Temperaturen sind eisig, und es gibt Meere aus flüssigem Methan. Kein Mensch könnte auch nur eine Minute lang ungeschützt überleben. Doch trotzdem gibt es auf dieser Welt hochintelligentes Leben. Die Meskliniten sind raupenähnliche Wesen mit vielen Beinen, und obwohl selbst winzige Höhenunterschiede für sie gähnenden Abgründen gleichen, erforschen sie ihren gesamten Planeten. Einer dieser Forscher ist Barlennan, der mit seinem Schiff, der Bree, unterwegs in die Äquatorzonen ist, wo die Schwerkraft um ein Hundertfaches schwächer ist als an den Polen, um Wettermessungen durchzuführen. Dort trifft er zu seiner Überraschung auf Charles Lackland, einen Astronauten von der Erde. Denn den Menschen ist nicht entgangen, dass Mesklin bewohnt ist. Von einer Raumstation im Orbit aus untersuchen sie diese für sie lebensfeindliche Welt. Doch als eine der Drohnen über einem der Pole Mesklins abstürzt, haben die Forscher keine andere Wahl mehr, als Kontakt zu den Aliens aufzunehmen. Barlennan erklärt sich bereit, Lackland zu helfen, und auf der Bree brechen Mensch und Alien zu einer Reise auf, die einiges an Wundern bereithält – aber auch sehr gefährlich ist.

Hal Clement schrieb mit seinem Schwerkraft-Zyklus, der hier erstmals in einem Band vorliegt, eine der ungewöhnlichsten First-Contact-Szenarien des Genres. Neben den intelligenten Raupen-Aliens, mit denen sich die Menschen irgendwie verständigen müssen, ist der Planet Mesklin gewissermaßen die zweite Unbekannte einer Gleichung, deren Lösung spannender nicht sein könnte.

Hal Clement: Schwerkraft • Drei Romane in einem Band • Aus dem Amerikanischen von Wolf H. Berger und Horst Pukallus • Mit einem wissenschaftlichen Anhang von Uwe Neuhold •Wilhelm Heyne Verlag, München 2014 • Taschenbuch • 784 Seiten • € 9,99 • im Shop

 

3. Robert L. Forward: Das Drachenei

Im Jahr 500.000 vor Christus entstand in den Weiten unserer Galaxis ein Neutronenstern, der sich fortan durch das All bewegt – auf unser Sonnensystem zu. Auf seiner Oberfläche herrscht eine Schwerkraft von 67 Milliarden g, die dafür gesorgt hat, dass in seinem Inneren alle Atomkerne zu Neutronen verschmolzen sind. Doch an der Oberfläche, die von einem extrem starken Magnetfeld beherrscht wird, gibt es eine dünne Schicht aus Eisenatomen und Elektronen, sodass sich dort die Cheela entwickeln konnten. Im Jahr 2050, als der Neutronenstern der Erde ausreichend nahe gekommen ist, bricht ein Expeditionsteam auf, um diesen Neutronenstern, genannt das Drachenei, zu erforschen. Die Forscher entdecken die Cheela, doch auf dem extrem schnell rotierenden Stern vergeht für sie die Zeit sehr viel schnell als für die Menschen. Die Wissenschaftler von der Erde werden Zeuge, wie sich binnen nur eines einzigen Tages die Alien-Kultur von der Steinzeit bis zur Hochtechnologie entwickelt – bis sie schließlich die Menschen überholt hat …

Die Kontaktaufnahme zwischen Menschen und Cheela erscheint unmöglich, aber beide Spezies lassen sich einiges einfallen, um eine Verbindung herzustellen. Dazu kommt die Cheela-Zivilisation, der man im Schnelldurchlauf bei der Entwicklung zuschaut. Ihre Welt wird mit so vielen Details geschildert, dass man meinen könnte, der Autor wäre selbst auf dem Neutronenstern gewesen. Das alles macht Das Drachenei zu einem brillant erzählten Lehrbuch über Neutronensterne, bei dem einem auf den letzten Seiten Schauer über den Rücken laufen, während man mit staunend geöffnetem Mund weiterliest.

Robert L. Forward: Das Drachenei • Roman • Aus dem Amerikanischen von Rosemarie Hundertmarck • Wilhelm Heyne Verlag, München 2012 • E-Book • € 8,99 • im Shop

 

2. Jennifer Foehner Wells: Die Frequenz

Es ist das bestgehütete Geheimnis der NASA: Seit Jahrzehnten driftet ein außerirdisches Raumschiff im Asteroidengürtel. Es sendet kein Signal, ist einfach nur da. Nun endlich ist es möglich, ein Team von Militärs und Experten zusammenzustellen und hinzufliegen. An Bord ist auch die Sprachenforscherin Dr. Jane Holloway. Als das Team das Schiff erreicht, erlebt es zwei Überraschungen: Erstens ist das Schiff nicht so unbewohnt, wie man dachte – und zweitens wird dem Team vom letzten überlebenden Alien der Rückweg zur Erde abgeschnitten. Allein Jane, die die Sprache der Aliens versteht, ist in der Lage, mit dem Wesen zu kommunizieren. Sie ist davon überzeugt, dass es friedlich ist. Ihre Kameraden weniger, denn einiges auf dem Schiff ist absolut fremdartig. Als Jane herausfindet, was das Alien von ihr will, muss sie eine Entscheidung treffen: Zur Erde zurückkehren oder ihr gesamtes Leben hinter sich lassen …

Jennifer Foehner Wells konzentriert sich auf einen Aspekt der Kontaktaufnahme, mit dem jeder, der sich schon einmal mit Händen und Füßen unterhalten hat, wohlbekannt ist. Aber wie kommuniziert man mit einem Wesen, das weder Hände noch Füße hat? Sprachwissenschaft war noch nie so spannend wie hier!

Jennifer Foehner Wells: Die Frequenz • Roman • Aus dem Amerikanischen von Alfons Winkelmann • Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 • Taschenbuch • 448 Seiten • € 9,99 im Shop

 

1. Arthur C. Clarke: Rendezvous mit Rama

Aus den Tiefen des Alls taucht ein rätselhaftes Objekt auf, dem die Astronomen zunächst die Kennziffer 31/439 geben. Allein seine Größe – es wird von den Radarstationen auf dem Mars gesichtet, als es noch außerhalb der Jupiter-Bahn ist – beeindruckt die Wissenschaftler. Als es näher kommt, stellen sie fest, dass es sich um einen Zylinder mit 50 Kilometern Länge und einem Durchmesser von 16 Kilometern handelt, der um seine Längsachse rotiert. Rama, wie er bald genannt wird, muss künstlichen Ursprungs sein! Das Objekt wird die Erde knapp verfehlen und dann wieder ins All davonziehen, also wird eine Expedition ausgesandt, um sich während dieser relativ kurzen Zeit auf Rama umzusehen. Captain Norton startet mit seinem Raumschiff, der Endeavour, um die ersten Besucher der Menschheit aus dem All zu empfangen. Sein Team und er stellen fest, dass Rama hohl ist und zunächst komplett verlassen scheint. Im Inneren herrschen eine erdähnliche Schwerkraft und eine atembare Atmosphäre. Die Forscher erkunden diese gigantische Hohlwelt, doch es gelingt ihnen nicht, in die „Städte“ ihrer Erbauer einzudringen. Jede neue Information über die Fremden, die die Menschen erringen, lässt sie mit mehr Fragen als Antworten zurück. Eines jedoch scheint sicher: die Zivilisation, die Rama erbaut hat, war den Menschen nicht nur technologisch weit überlegen, sondern auch intellektuell …

Wie auch in 2001 – Odyssee im Weltraum (im Shop) dreht sich in Rendezvous mit Rama alles um ein Kernthema: wenn man ins All aufbricht, sollte man besser auf alles gefasst sein. Norton und seine Crew – und damit auch wir Leser – sehen sich einer fantastischen Welt gegenüber, die die Grenzen unserer Vorstellungskraft ein ums andere Mal überschreitet und uns mit etwas Fremdem, das wir nicht ganz erfassen können, konfrontiert. Der Schlüssel zum Verständnis ist auch hier ein unerschrockener Enthusiasmus und die Freude am Entdecken – und nicht Laserkanonen und Atombomben. Eine Botschaft, die heute (leider) dringlicher denn je erscheint …

Arthur C. Clarke: Rendezvous mit Rama • Roman • Aus dem Englischen von Marion Schröder • Wilhelm Heyne Verlag, München 2014 • E-Book • € 5,99 im Shop • aus die anderen Romane des Rama-Zyklus finden Sie in unserem Shop

Kommentare

Bild des Benutzers Jan Jansen

Ich kann auch nur das Buch
Schutzzone Erde von Albert Karer
empfehlen. Eine aufrüttelnde Geschichte die zeigt wie wenig wir auf unseren Planeten achten und wie wenig wir zusammen arbeiten um etwas daran zu ändern.

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