6. Dezember 2021

„Unmetal“: Retro-Action mit tollem Humor

Eine satirische Hommage auf „Metal Gear“, „Rambo“ und Co.

Lesezeit: 4 min.

Die Älteren erinnern sich: Gerade früher galt das Computerspiel nicht nur dank Monkey Island oder Day of the Tentacle als Medium mit viel Humor. Und obwohl sich heutzutage viele Spiele (zu) ernst nehmen, gibt es glücklicherweise immer wieder Titel, die uns daran erinnern, wie herrlich selbstreflexiv und witzig Gaming sein kann. Ein Paradebeispiel hierfür markiert das Indie-Action-Adventure Unmetal, das uns in die Actionfilm-Zeit der 80er zurückversetzt und dabei vor allem Hideo Kojimas epischer Metal Gear-Reihe, die sich als Videospiel eben gerade an dieser filmischen Referenz abarbeitete, seine Aufwartung macht.

Allerdings kommt Unmetal nicht wie ein Retroaufguss nur mit modernerem Anstrich daher. Vielmehr inszeniert es sich wie eine Monty Python-Variante von Metal Gear, in der unser Held Jesse Fox ständig in urkomische Dialoge und abstruse Situationen verstrickt wird, die dem völlig hanebüchenen Militaryplot um russische Atomwaffen, einer Armee um den fiesen Widersacher namens General X und Solokämpfer Jesse, der stets betont, dass er für ein Verbrechen verhaftet wurde, das er nicht begangen hat (man denke an das legendäre A-Team), viele grandiose Momente abtrotzen.

Getragen wird die gut 10 Stunden lange Solokampagne von den rückblickenden Erzählungen Jesses, nachdem er bei seiner Flucht mit einem russischen Heli vom US-Militär abgeschossen und als potenzieller Spion verhört wird. Die Wortgefechte, die sich Jesse – der übrigens kein(!) Soldat ist, sondern eine privat ausgebildete Kampfmaschine – mit seinem Gegenüber liefert, gehören zum Witzigsten, was Autoren von Videospielen seit Jahren hervorgebracht haben. Das liegt daran, dass Jesses Geschichten über seine angebliche Heldenmission gerne auch mal Tentakel, Samurais, Roboter oder andere völlig offensichtliche Widersprüche enthalten.

Selbst die abstruseste Situation wird von Jesse im Brustton der Überzeugung vorgetragen, wobei wir – ähnlich wie der ihn verhörende Soldat – zu sehr daran interessiert sind, wie das Ganze weitergeht, um Jesse abzuwürgen. Dazu gesellt sich allerdings noch eine zweite Erzählerebene, in der Jesse wiederum am Steuer eines Wagens seiner Mitfahrerin sowohl die Einzelkämpfergeschichte als eben auch von seinem Verhör berichtet. Wie diese Ebenen zusammenpassen und was schlussendlich herauskommt, darf als gelungene Pointe der Autoren natürlich nicht verraten werden. Nur so viel: Dieser Schluss sitzt!

Doch auch spielerisch setzt Unmetal diesen Ansatz gekonnt um. Ganz wie in den frühen Metal Gear-Teilen aus den 80ern sind wir als Jesse im Pixellook aus der Top Down-Perspektive in alle Richtungen von einem Screen zum nächsten unterwegs. Dabei steht geschicktes Anschleichen und Ausknocken der feindlichen Soldaten im Fokus, obwohl sich unser Inventar im Verlauf der Missionen mit Waffen wie Pistole, Granaten oder Raketenwerfer bis hin zu Medipacks, Bandanas und allerlei seltsames Zeug wie Toilettensitze (um übrigens außerhalb der Save Points abspeichern zu können), Sonnenbrillen oder rostige Drähte füllt.

In jedem Gebiet wartet mindestens ein Zwischen- oder Endboss wie eine Seeschlange, ein Atom-U-Boot oder ein Panzer, wobei Unmetal uns nicht nur an diesen Stellen oft mit dem Game Over-Screen konfrontiert. Denn schon der meist pingelig eingehaltene Zwang, nicht von Gegnern oder Kameras entdeckt zu werden, passt oft nicht zur groben Textur des Spiels. Selbst auf dem leichteren Schwierigkeitsgrad schenkt uns das Gameplay in den späteren Leveln nichts, allerdings sorgen die gut verteilten Save Points und einige automatische Speicherpunkte dafür, dass wir meist sofort an Ort und Stelle einen erneuten Versuch starten können.

Richtig ärgerlich wird es nur dann, wenn wir in einer Situation schlicht nicht wissen, was zu tun ist oder wenn Aufgaben wie das Vorbeischleichen an schlafenden Hunden, gerade auch aufgrund der etwas hakeligen Steuerung und der Pixelgrafik, zur Fummelarbeit wird. Mehrfach gab es Situation, in den Jesse das Zeitliche segnet, da wir mangels Hinweise keine Ahnung hatten, was das Spiel nun von uns verlangt. Das, liebe Entwickler, musste doch wirklich nicht sein, obwohl zur Ehrenrettung gesagt werden sollte, dass immerhin alles, was man selbst für die kleinen Rätseleinlagen braucht, an Ort und Stelle zu finden ist. Wenn wir beispielsweise eine Wache mit einer Pizzaschachtel austricksen müssen, diese uns aber nur dann für den Lieferboy hält, wenn die vermeintliche Pizza frisch dampft, so liegt ein Feuerlöscher, mit dem sich dieser Trick ausführen löst, tatsächlich direkt in der Nähe.

Technisch darf man hier natürlich nicht viel Budenzauber erwarten (wir spielten auf PS4), jedoch überzeugen die sehr guten englischen Sprecher, die Performance läuft flüssig und der Soundtrack passt perfekt zur Stimmung. Wer auf die offensichtlichen Vorbilder oder generell auf satirische Spiele steht, sollte digital für rund 16 Euro auf PS4, Xbox One, Switch oder PC zuschlagen.

Fazit

Retro in erstaunlich witzig: Unmetal macht als Stealth-Action-Adventure-Hommage fast alles richtig.  

Unmetal • @unepic_fran • Action-Adventure • PS4/Xbox One/Switch/PC

Abb. © Versus Evil

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