9. Januar 2023

„Marvel's Midnight Suns“: Karten auf den Tisch!

Fireaxis Games schickt den Marvel-Kosmos ins Strategiegenre

Lesezeit: 3 min.

Obwohl sich dank vieler mehr oder weniger gelungener Ableger wie Avengers, Spiderman: Miles Morales oder zuletzt Guardians of the Galaxy kein Marvel-Fan über zu wenig digitale Superhelden-Unterhaltung beschweren konnte, liegt der Fall bei Midnight Suns etwas anders. Denn der Ende letzten Jahres für gängige Konsolen und PC erschienene Titel entpuppt sich als für das Franchise ungewohnter Abstecher ins Genre der Rundenstrategie mit Aktionskarten und setzt somit nicht auf das meist übliche Gemisch aus Action-Adventure und RPG mit wahlweise einem Hauch von Open World. Dass dieses Experiment gelungen ist, liegt vor allem an Fireaxis, da das Studio mit Genrekrachern wie XCOM 2 vollständig seine Expertise im Bereich knackiger, aber eben ausgewogener und bestens motivierender Rundenstrategie bewiesen hat.

Die Ausgangslage könnte in Midnight Suns allerdings kaum typischer für ein Marvel-Game sein. Dämonenmutter Lilith wurde von der dunklen Hydra-Organisation beschworen und entfesselt nun in ihrer ganz eigenen Art die drohende Apokalypse für die Menschheit. Die kann natürlich nur gleich von einer ganzen Riege an Superhelden gerettet werden, zu der in Midnight Suns illustre Namen wie Dr. Strange, Hulk, Blade, Ghost Rider, Iron Man, Captain Marvel, Wolverine, Scarlet Witch oder eben auch später Spiderman und Captain America zählen. Als SpielerIn übernimmt man jedoch vorwiegend die Rolle eines von Dr. Strange wiederbelebten, uralten Kriegers namens Hunter, den wir in einem solide ausgebauten Charakter-Editor unsere eigene Note verpassen können, auch wenn Hunter letztlich ein eher blasser Charakter bleibt. Aber wie könnte eine generierte Figur auch mit diesem Cast mithalten?

Das Spielkonzept lässt sich dabei in zwei Teile zerlegen. Zum einen ziehen wir mit drei Helden in die Einsätze, in denen wir mittels einer Auswahl an Aktionskarten unsere Züge für die Gefechte gegen Gegner (natürlich auch bekannte Schurken wie z. B. Venom) festlegen und je nach Zug und Situation entsprechend auswählen können. Zum anderen erleben wir zwischen den Einsätzen die Story in der sogenannten Abtei, was eine Art magisch geschützter Bereich der Lilith-Gegenspieler darstellt, in dem wir rollenspielähnlich mit unseren Verbündeten reden, Haupt- und Nebenmissionen wählen, Ausrüstung verbessern und weitere Dinge erledigen können.

Der Rollenspielpart fällt dabei umfangreicher aus, als man es von den meisten Genrekollegen gewöhnt ist. So können wir mit unseren Mitstreitern ausführlich ins Gespräch kommen, um damit unser Verhältnis mittels bestimmter Gesprächsauswahl auszuweiten und auf diesem Weg wiederum frische Combos oder Statusboni zu erhalten. Leider verpassen es die Macher zwar, mehr als nur freundschaftliche Bande in den Beziehungen anzubieten, allerdings ist es verständlich, dass im Zuge der Bedrohung durch Lilith nicht unbedingt Romantik aufkommt. Ein netter Part in Summe, der SpielerInnen dank gut vertonter Dialoge und recht stimmungsvollem Ambiente trotz einiger Längen bei der Stange hält, ohne das eigentliche taktische Kampfgeschehen zu sehr in den Hintergrund zu drücken.

In den Missionen geht es dagegen auf meist überschaubaren Gebieten darum, seine Aktionen sinnvoll zu planen, die eigenen Werte im Auge zu behalten, Gegner eventuell zu provozieren und die (teilweise zerstörbare) Umgebung mit in die Aktionen einzubinden. So lassen sich beispielsweise Plattformen für Sprungangriffe ebenso nutzen wie Frachtkisten, um sie auf Gegner zu schleudern. Kluge Planung, mit welcher Figur wie vorzugehen und welche Kräfte dabei am nützlichsten wären, ist dabei das wohl wichtigste Element, um in der insgesamt tatsächlich deutlich über 40 Stunden langen Kampagne voranzukommen – viele Nebenmissionen und ausgiebiges Interagieren in der Abtei vorausgesetzt.

Neben der taktischen Flexibilität sind es vor allem die angenehme Länge der Missionen, das stetig wachsende Repertoire an Aktionen und speziell die oftmals intensive Inszenierung von Spezialattacken (z. B. grandios bei Ghost Rider), die den Reiz von Midnight Suns definieren. Zumal auch sagenhafte acht Schwierigkeitsgrade dafür sorgen, dass Anfänger wie Profis zu ihrem Recht kommen und die Story mit vielen Marvel-Insidern (Stichwort Humor) sowie zahlreichen Cutscenes aufwartet.

Technisch kommt Midnight Suns dazu sehr solide daher (wir spielten auf PC), der Soundtrack treibt richtig an und die (deutsche) Vertonung passt insgesamt. Ein Superheldenpaket also, das man kaum ablehnen sollte.

Fazit

Strategie-RPG mit viel Marvel-Flair, gelungenem Kampfsystem und unterhaltsamen Charakteren, das als richtig guter Fanservice überzeugt.

Marvel’s Midnight Suns • Fireaxis Games • Rundenstrategie/RPG • PS4/PS5/Xbox Series X/Xbox One/Switch/PC

 

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