18. August 2023 2 Likes

„Aliens: Dark Descent“ – Adrenalin pur!

Der Strategie-Shooter zum „Aliens“-Franchise macht vor allem Fans glücklich

Lesezeit: 4 min.

Mit Alien ist es ja bekanntermaßen so eine Sache. Gelten insbesondere die frühen Filme heute noch als Meilensteine des 80er Kinos, gehen gerade die jüngsten Ableger bei vielen Fans nur als ordentliches Filmfutter durch. Ähnlich sieht es im Bereich Games aus, wobei hier nicht klar in früher oder später unterschieden werden kann und sich somit Hits (Alien: Isolation) mit Gurken (Alien: Colonial Marines) ohne roten Faden abwechseln. Mit Aliens: Dark Descent ist nun seit Ende Juni wieder einmal ein gelungener Titel für alle gängigen Plattformen, außer Switch, am Start, der mit knapp 40 Euro sein Geld wert ist – unter bestimmten Voraussetzungen.

Zu diesen gehört zunächst der Hinweis, dass es sich bei Dark Descent um einen Mix aus verschiedenen Genres handelt. Hier treffen sowohl Stealth und Action aufeinander, wobei aber das Grundgerüst aus Echtzeit-Strategie inklusive einer isometrischen Perspektive besteht. Das französische Entwicklerteam Tindalos hat sich dabei offensichtlich an der XCOM-Reihe orientiert, die ja für grandiose Adrenalintreiber steht wie kaum eine anderes Franchise im Bereich Sci-Fi-Echtzeit-Strategie. Ähnlich wie hier steuern wir, ganz im Stil des zweiten Alien-Films von James Cameron, einen Trupp Marines mit verschiedenen Fähigkeiten, die sich in Arealen zwischen Wohnquartieren, Docks, Laboren, Schächten oder einer Planetenoberfläche stets gegen Horden von Angreifern zur Wehr setzen muss.

Storytechnisch knüpft Dark Descent dabei aber nicht an die ikonischen Erzählungen über Ripley und Co. an, sondern präsentiert eine völlig neue Heldentruppe, die sich 20 Jahre nach den Ereignissen aus dem Film Alien 3 wieder mit Facehuggern, Königinnen und sonstigem Geviech ebenso anlegen darf wie neuerdings mit mysteriösen Okkultisten, die die Aliens verehren und sich ihnen sogar freiwillig unterwerfen. Das eröffnet den Machern einige Freiheiten, die spielerisch für noch mehr Abwechslung sorgen. Über die gesamte Kampagne gesehen, reißt die Story allerdings (trotz einiger recht solider Zwischensequenzen) keine Bäume aus und kommt im Kern nie so richtig über die Funktion „Stimmungsmacher plus roter Faden für das Missionsdesign“ hinaus.

Das jedoch gelingt größtenteils wiederum vorzüglich, wenn man sich nur auf die Atmosphäre konzentriert. Dark Descent ist in dieser Hinsicht wirklich top. Über das ganze Spiel stehen wir permanent unter Stress, da Feinde von allen Seiten und an jeder Ecke lauern können und es die Macher trotz grafischer Einschränkungen sehr gut verstehen, den typischen Look und die brechend düstere Stimmung der Vorlage zu nutzen. So ist das System der Gänge oder das Licht stets bedrohlich gehalten und es macht einfach Laune sich zu überlegen, ob man nun weitergeht, um Abkürzungen und Vorräte zu suchen oder beispielsweise doch noch eine Verteidigung aufstellt, ehe die nächste Tür in Richtung Hauptziel geöffnet werden soll. Wer hier etwa nicht schon bei den vielen bekannten Soundeffekten (Stichwort Tracker) Schweißausbrüche in den Händen bekommt, hat offenbar keine Nervenstränge mehr im Körper. Ein klarer Pluspunkt also für Dark Descent beim Thema Umsetzung der Atmosphäre.

Ähnlich sieht es beim Umfang aus, denn wer sich nur auf die Hauptstory konzentriert, erlebt, je nach Schwierigkeitsgrad, eine rund 15 Stunden lange Kampagne. Wer sich dazu noch mit den optionalen Nebenaufträgen die Zeit vertreiben will, kann deutlich mehr draufpacken und so auf 30-40 Spielstunden kommen. Das ist umso bemerkenswerter, als der Titel komplett ohne Multiplayer und andere Modi auskommt. Voller Fokus also auf ausgiebige Singleplayer-Action.

Wie sieht nun aber das konkrete Gameplay aus? Ausgangspunkt der Action ist eine Basis, zu der wir stets zurückkehren können, um unsere Truppen zu versorgen und Missionen wie Ausrüstung zu wählen. Schon dabei liegt viel Spannung in der Luft, denn unsere Kämpfer können etwa aufgrund von Stress oder Verletzungen traumatisiert sein, was sich wiederum auf die Kampfmoral auswirkt. Wir müssen aber nicht nur die allgemeine Truppenkonstitution im Auge behalten, sondern ebenso in den frei begehbaren Gebieten auswählen, ob wir beispielsweise lieber doch vor Ende unseres Einsatzziels den Rückzug antreten, um später fortzufahren. Verluste im Gefecht sind dauerhaft und es ist bei unseren Abstechern in die verzweigten Gebiete immer Vorsicht geboten vor anstürmenden Feinden, die uns dazu zwingen, unser ganzes Arsenal aus Schuss- und Sprengwaffen wie Shotgun oder Granatenwerfer einzusetzen – eventuelle Cooldownphase und Opferung eines Teammitglieds inklusive.

Schleichen bzw. Vorsicht ist daher oft klüger als plumpes Losballern, allerdings macht es Dark Descent aufgrund der vielen Überfälle von Feinden einem auch schwer, nicht fast schon zu vorsichtig zu agieren, um nicht den ganzen Trupp zu verlieren. Bei nur wenigen Soldaten pro Squad, die wir alle mittels Menü einzeln befehligen, ist Dramatik stets garantiert, was auch am sehr knackigen Schwierigkeitsgrad liegt. Der lässt sich allein zu Beginn einstellen und sollte bei nicht Genreprofis definitiv möglichst niedrig angesetzt werden, damit nicht zu schnell in den wahlweise dynamischen oder in Zeitlupe ablaufenden Konfrontationen Frust aufkommt.

Wie bereits angedeutet kann Dark Descent rein technisch eher nur bedingt begeistern, was jedoch aufgrund des düsteren Grunddesigns auch nicht nötig ist. Die Animationen im Spiel sind weitgehend flüssig, die englische Sprachausgabe solide und die Steuerung funktioniert trotz klarer Tastaturpräferenz auch auf Gamepad (wir spielten auf PS4). Wer also nicht zu viel Grafikpower erwartet und mit (Spiel-)Stress gut umgehen kann, bekommt einen wunderbar stimmungsvollen Höllenritt, dessen Gameplay nahezu perfekt zum Alien-Universum passt und der für fesselnde Horroraction sorgt, wie man sie selten erlebt. Wer aber mit Echtzeit-Strategie nicht wirklich etwas anfangen kann, sollte gerade um diesen gelegentlich äußerst schweren Brocken einen weiten Bogen machen.

Fazit

Anspruchsvolle, aber hochgradig stimmungsstarke Echtzeit-Strategie, die Alien-Fans frohlocken lässt.

Aliens: Dark Descent • Tindalos Interactive • Strategie/Shooter • PS 4/PS 5/Xbox One/Xbox Series X/PC

Abb. © Focus Entertainment

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