8. Juni 2022 1 Likes

Ms. Marvel Folge 1: Avengercon

Die neue MCU-Serie startet heute auf Disney+

Lesezeit: 4 min.

Wer Miles Morales sagt, muss auch Kamala Khan sagen. Und wer bisher in einem schwärmerischen Tonfall von „Spider-Man: A New Universe“ sprach, muss wohl künftig auch von „Ms. Marvel“ auf Disney+ sprechen und schwärmen, dessen erste Episode heute zum Streamen online gegangen ist. Aber der Reihe nach.

In den Marvel-Comics war Carol Danvers jahrzehntelang unter dem Alias Ms. Marvel unterwegs, ehe sie 2012 in den Panel-Geschichten von Autorin Kelly Sue DeConnick, Zeichner Dexter Soy und anderen zum Namen Captain Marvel wechselte, um damit ihren verstorbenen Freund Mar-Vel von den Kree zu ehren. Vor knapp zehn Jahren präsentierte Marvel in den Comics daher eine junge neue Ms. Marvel als Heldin der jüngsten und entsprechend modernen, entsprechend diversen Generation: Kamala Khan. Redakteurin Sana Amanat, ihr Kollege Steve Wacker, die preisgekrönte Science-Fiction-Roman- und Comicautorin G. Willow Wilson sowie die Zeichner Jamie und Adrian Alphona lieferten für Kamals Einstand den Input in Sachen Ideen, Charakter, Kostüm-Design, Story und Artwork; und nachdem sie 2013 in „Captain Marvel“ #14 kurz angeteasert wurde, debütierte Kamala schließlich Anfang 2014 in ihrer eigenen Comic-Serie „Ms. Marvel“ von Wilson und Alphona – und sorgte als Marvels erste muslimische Titelheldin, die einen traditionsreichen Namen aus dem Haus der Ideen adaptierte, weltweit für Schlagzeilen. Im Comic-Kosmos des New Yorker Verlages wurde sie eine ebensolche Nachwuchshelden-Ikone des neuen Jahrtausends wie Spidey Miles Morales, mit dem sie ab 2015 sogar eine Zeitlang bei den Avengers mitmischte und später ihre eigene Champions-Gruppe gründete.

Jetzt ist Ms. Marvel im Marvel Cinematic Universe angekommen, und die erste Folge ihrer eigenen Serie auf Disney+ – das nächste Puzzlestück nach „Hawkeye“ und „Moon Knight“ – macht knapp eine Stunde lange alles richtig und dabei großen Spaß, obwohl sie im Grunde lediglich mal wieder eine typische Origin-Story anstößt. Auch in der Adaption der Comic-Vorlage lebt Kamala als Tochter einer pakistanisch-amerikanischen Familie in Jersey City (und wie so oft, tut man einander in der Familie Khan dadurch weh, dass man es nie böse, viel mehr gut meint, und es dennoch falsch macht). Kamala liebt die Avengers, ist ein Fangirl mit eigenem Internet-Videokanal und völlig verrückt nach ihrem Idol Captain Marvel. Ihre Eltern können das nicht nachvollziehen, und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler halten sie aufgrund ihrer Tagträume ebenfalls für sonderbar – abgesehen von Bruno, ihrem besten Freund, der auch ein smarter Bastler und Erfinder ist. So weit alles wie in den Comics, obwohl die Dynamik in der Familie Khan ein bisschen anders dargestellt wird, was der Geschichte aber gut tut. Kamala und Bruno wollen in der ersten Episode unbedingt zusammen auf die Avengercon gehen (Meta-Alarm!), damit Kamala dort in ihrem selbstgemachten Captain Marvel-Kostüm an einem Cosplay-Wettbewerb teilnehmen kann. Um ihrem Outfit den letzten Schliff und eine persönliche Note zu geben, schnappt sich Kamala einen Armreif, der schon länger im Besitz ihrer Familie ist. Und der ihr erstaunliche Fähigkeiten verleiht …

Im Comic erhielt sie diese durch die Terrigenese und ein latentes Inhuman-Gen, das sie in einem Kokon zur Formwandlerin mutieren ließ. Ein wenig ironisch, dass man den Kamala Khan/Ms. Marvel-Mythos einerseits nach weniger als einem Jahrzehnt hier und da schon wieder geschickt updated und ans boomende MCU anpasst, ihre Origin und Superkräfte andererseits mit einem mysteriösen Artefakt geradezu comic-klassisch bzw. comic-altmodischen erklärt werden. Aber nachdem Armreife schon in den neueren Marvel-Streifen „Eternals“ und „Shang-Chi“ zu sehen waren, müssen wir einfach mal abwarten, was sich daraus noch ergibt. Nach der ersten Folge von „Ms. Marvel“ hat man jedenfalls viel Lust auf die nächsten Episoden zum Streamen. Der bunte Auftakt hat Herz und Charme, ein gutes Tempo – und ein paar Kniffs und Details, die einen an „Spider-Man: A New Universe“ denken lassen. Etwa wenn Bruno und Kamala auf dem Rad durch die Gegend fahren, über Kostüm-Alternativen wie Zombie-Captain-Marvel quatschen und die entsprechenden Ideen im Hintergrund animiert an Wänden und Mauern Gestalt annehmen, der Live-Action noch eine Ebene mehr geben. Als wäre „Ms. Marvel“ von Haus aus nicht schon meta genug auf so vielen Ebenen. Generell gilt für diese erste Folge also: Wenn schon Origin, dann bitte genau so!

Hauptdarstellerin Iman Vellani ist – wie zuletzt Hailee Steinfeld als Kate Bishop – obendrein eine echte Bereicherung und zweifellos die Zukunft des Marvel Cinematic Universe. Zumal die eigene, reale Origin-Geschichte der heute 19-jährigen pakistanisch-kanadischen Schauspielerin fast zu perfekt ist: Vor zehn Jahren gab sie einen Großteil ihrer 20 Dollar Taschengeld im Monat für Comics aus, und das gezeichnete Debüt vom Kamala Khan flashte sie total. Vorher, so sagte Vellani einmal, habe sie nie Menschen mit ihrer Hautfarbe als Hauptfigur auf dem Cover eines Marvel-Comics gesehen, und dann waren da plötzlich die „Ms. Marvel“-Comics von Wilson, Alphona und Co. und schienen sie direkt anzusprechen. Die junge Vellani bastelte sich sogar ein Ms. Marvel-Kostüm und ging damit zur Schule (und wurde für den Roten Blitz Flash gehalten). Sich beim Casting für die Rolle der Kamala Khan zu bewerben, so Vellani weiter, sei sie ihrem 10-jährigen Ich einfach schuldig gewesen – und alles seitdem entsprechend die Erfüllung eines Traums für das Real-Life-Fangirl, das nun das ultimative MCU-Fangirl spielt, das in den Kreis der Superheldinnen und -helden vorstößt.

Marvel-Mastermind Kevin Feige und seine Crew haben große Pläne mit Vellani und Kamala: Nach der „Ms. Marvel“-Serie auf Disney+, die uns in der nächsten Folge kommende Woche vermutlich schon einige launige „Peter Parker-Momente“ serviert, geht es im Sommer 2023 für Vellani als Ms. Marvel im Film „The Marvels“ auf der großen Leinwand weiter, wo sie neben Brie Larson als Captain Marvel zu sehen sein wird. Damit schließen sich dann so viele Kreise, dass einem ganz schwindelig wird.

Abb.: © 2022 Marvel Studios. All Rights Reversed.

Ms. Marvel – Folge 1 • USA, 2022 • 50 Min • Showrunner: Bisha K. Ali • Darsteller: Iman Vellani, Matt Lintz, Yasmeen Fletcher, Mohan Kapur, Zenobia Shroff, Laurel Mardsen • Regie: Adil El Arbi & Bilall Fallah • Drehbuch: Bisha K. Ali • Disney+

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