26. Oktober 2023

„Geister – Exodus“ – Rückkehr ins Hospital der Geister

Die späte finale Staffel der bizarren Krankenhausserie

Lesezeit: 3 min.

Einige Jahre bevor das sogenannte Goldene Zeitalter der Serien begann, waren es zwei Auteurs, zwei Regisseure, die ursprünglich im Kino ihre unverwechselbaren Spuren hinterließen, die zeigten, was im Fernsehen möglich war: Zunächst natürlich David Lynch mit seinem „Twin Peaks“, eine Mischung aus Soap Opera und Horror, die erklärtermaßen einen anderen Exzentriker dazu inspirierte, selbst eine Serie zu drehen: Lars von Trier. Dessen „Riget“ auf Deutsch „Hospital der Geister“ entstand Mitte der 90er Jahre und umfasste – je nach Schnittfassung – acht bzw. elf Folgen. So legendär war die Serie, das schnell ein US-Remake entstand, zudem tatsächlich der Horror-Meister Stephen King (im Shop) die Bücher schrieb.

Am Ende der zwei „Riget“-Staffeln blieben viele Fragen offen, so ähnlich wie bei „Twin Peaks“, und wie bei Lynchs Serie ließ eine Fortsetzung sehr lange auf sich warten. Und ähnlich wie bei der späten dritten „Twin Peaks“-Staffel, spielt auch die nun passenderweise an Halloween im Kino zu sehende, dann bald auf anderen Medien erscheinende dritte „Riget“-Staffel, mit Meta-Elementen: „Geister – Exodus“ beginnt im Haus der älteren Dame Karen (Bodil Jørgensen), die gerade auf DVD die 2. Staffel zu Ende geschaut hat und vom abrupten Ende irritiert ist. Des Nachts wacht sie auf (vielleicht auch nicht, vielleicht ist das ganze nun folgende nur ein Traum) und nimmt ein Taxi ins Reichskrankenhaus im Zentrum von Kopenhagen, wo sie sich auf die Spuren der Charaktere macht.

Manche Personen im Krankenhaus sind genervt vom unfreiwilligen Ruhm, der ihnen durch von Triers Serie zu Teil wurde, ein Idiot sei der Regisseur, der sein eigenes Wesen auch sonst nicht immer subtil in die fünf neuen Folgen einbringt. Wenn da etwa der neue schwedische Arzt Helmer Jr (Mikael Persbrandt), dessen Vater man aus den ersten Staffeln kannte, von einer Schwester im Wechsel angemacht und der sexuellen Belästigung beschuldigt wird, erkennt man unzweideutige Anspielungen an #metoo-Vorwürfe, denen sich von Trier ausgesetzt sah, nicht zuletzt von der Sängerin Björk, die die Arbeit an „Dancer in the Drak“ als furchtbare Erfahrung beschrieb.

In Helmer Jr. taucht das bekannte Motiv der Serie auf: Der Konflikt zwischen Dänen und Schweden, wobei sich letztere hier im Keller des Hospitals zu einer Schwedische Anonyme genannten Selbsthilfegruppe zusammenfinden, abgekürzt SA … kein Zufall, denn später planen sie eine gegen die Dänen gerichtete Racheaktion namens, genau: Operation Barbarossa. Hier mag man Anspielungen an von Triers viel zitierten Satz bei einer Pressekonferenz in Cannes sehen, dass er Hitler verstehe und Sympathien für dessen Depressionen habe, vielleicht aber auch nur ein typisches Moment der Provokation des ewigen Provokateurs.

Der inzwischen an Parkinson leidet, weswegen er im Abspann der Folgen nicht mehr persönlich zu sehen ist, sondern nur noch hinter einem Vorhang steht und mit deutlich brüchiger Stimme das Geschehen kommentiert. Das bewegt sich in bekannter Manier zwischen absurden Soap Opera-Momenten und einer zunehmend abstrus anmutenden Horror-Geschichte, in der einmal mehr der von Udo Kier gespielte Brüderchen sein Unwesen treibt, diesmal unterstützt von Willem Dafoe als Bote von der dunklen Seite.

Ganz so dicht und überraschend wie die ersten Staffeln wirkt dieser Abschluss zwar nicht, auch der Versuch, den Sepia getönten Stil von vor 20 Jahren zu reproduzieren, wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen. Doch wer von Triers seltsame, bizarre und fraglos originelle Welten schätzt, der kommt natürlich nicht an „Geister – Exodus“ vorbei, eine Serie, die sicher kein neues, goldenes Serienzeitalter einläutet, aber als möglicherweise letztes Werk in der Karriere von Triers natürlich alle Aufmerksamkeit verdient.

Geister: Exodus • Dänemark 2022 • Regie: Lars von Trier • Darsteller: Bodil Jørgensen, Mikael Persbrandt, Lars Mikkelsen, Nikolaj Lie Kaas • in einigen Kinos ab heeute und rund um Halloween • Blu-ray und DVD ab 25. Januar 2024

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