10. Mai 2020 1 Likes

Das ist der erste Tag vom Rest ihres Lebens nach dem Tod

„Upload“ - Erstklassige Science-Fiction-Comedy von einem Könner

Lesezeit: 3 min.

Die Handlung spielt im Jahr 2033 und erzählt wird von einer Gesellschaft, in der der Tod mittlerweile obsolet geworden ist. Man kann sich von der Firma Horizon in ein vorher ausgewähltes Leben nach dem Abgang hochladen lassen, in ein Art virtuelles Nirvana eintreten, das – je nach nach vorhandenem Kleingeld – mal mehr, mal weniger luxuriös ausfällt. Nach dem Rechten sehen Kundendienstmitarbeiter aus dem Diesseits beziehungsweise deren digitale Avatare. Als der junge, attraktive Computerprogrammierer Nathan (Robbie Amell) einen Verkehrsunfall hat, lernt er im Edelressort „Lake View“ Mitarbeiterin Norah (Andy Allo) kennen und freundet sich mit ihr an, aus der Freundschaft wird Liebe – was aber natürlich Probleme mit sich bringt und nicht nur weil die beiden sich auf völlig unterschiedlichen Daseinsebenen befinden: Verhältnisse zwischen Mitarbeiter und Kunden sind eigentlich strengstens verboten und dann ist da noch Nathans hinterbliebene, extrem Besitz ergreifende, oberflächliche und egoistische High-Society Freundin Ingrid (Allegra Edwards), die ihren Freund immer noch heiß und innig liebt und auch die Rechnungen für sein programmiertes Dasein bezahlt …

Upload“ ist ein neues Projekt des mit Preisen überschwemmten Drehbuchautoren Greg Daniels („The Simpsons“, „King of the Hill“, „Das Büro“, „Parks and Recreation“), das mit Sicherheit zu den Toptiteln des Jahres zählen dürfte. Nicht nur, weil Daniels neustes Baby wie zu erwarten wahnsinnig komisch ist und mit knochentrockenen Knaller-Dialogen um sich wirft („Warte, es nennt sich Ambrosia-Salat. Ist es ein Dessert?“ – „Es ist ein … Salat.“), sondern weil das Ausnahmetalent statt – wie viele seiner Kollegen in den letzten Jahren – nicht in die filmhistorische Vergangenheit schielt um eine Welt von Übermorgen zu kreieren, die zwangsläufig eh nur wieder auf bereits Gewesenes rekurriert, sondern sich eine Menge, häufig absurd anmutende, aber trotzdem durchaus plausible, Gedanken gemacht hat, wie unsere Welt in sehr, sehr naher Zukunft irgendwann tatsächlich mal aussehen könnte, also wirklich vorwärts gedacht oder schlichtweg mal was ganz Eigenes gemacht hat.

Und so betreibt Daniels von Minute eins an lustvolles Weltenbauen: Holografische Telefonie, Fahrräder, die sich selbst zurückfahren, Lebensmittel, die ganz selbstverständlich aus dem 3D-Drucker kommen. Beim Kondomkauf ermittelt ein Scanner am Regal die richtige Größe des Geschlechtsteils, vor dem Sex müssen beide eine Art Kameramodul am Körper befestigen und die Einverständniserklärung vom Partner einholen, nach dem Sex werden im besten Amazon-Kundenreview-Stil Bewertungen vergeben, Kühlschränke, die wie ein Smartphone „durchgewischt“ werden um zu sehen, was alles drin ist, kaum in Worte zu fassende Cybersex-Anzüge und so weiter und so fort.

Es macht einen Heidenspaß sich in die hier aufgefächerte Welt (und in die Welt in dieser Welt) zu begeben und am laufenden Band neues zu entdecken, zumal diese ganzen Wundersamkeiten zu keinem Zeitpunkt in eine selbstverliebte Effektshow abgleiten und sich inhaltlich keine technophobischen Anflüge bemerkbar machen. Vielmehr wird abgewogen, die Errungenschaften der modernen Technik haben Vor- und Nachteile, es ist einerseits toll, dass man nicht mehr sterben braucht und es sich nach dem Tod ziemlich gut gehen lassen kann, anderseits nervt aber auch im Pixel-Jenseits die Werbung ohne Ende und natürlich gelten die gleichen Verhältnisse wie zuvor: Angenehm haben’s nur die bereits vorher gut Betuchten, der Rest muss mit monatlichen Datenpaketen auskommen, die oftmals noch nicht mal für’s Lesen eines Harry-Potter-Romans reichen.

Sicher, Daniels geht bei all dem nicht in die Tiefe, was der unheimlich charmanten Serie bereits den Vorwurf der Oberflächlichkeit eingebracht hat; er hinterfragt nicht und klagt nicht an, stichelt höchstens ein wenig. „Upload“ soll in erster Linie nun mal unterhaltsam sein, aber daran ist absolut nicht Verwerfliches, zumal anhand der unheimlich süßen, bestens funktionierenden Liebesgeschichte im Kern des Ganzen letztendlich eine gar nicht so verkehrte Gesamtaussage getroffen wird: Es gibt keinen Grund die Zukunft zu fürchten, egal wie sich die Dinge letztendlich entwickeln, der Mensch wird immer Mensch bleiben, im Schlechten, wie aber halt nun mal eben auch im Guten und wenn zwei sich wirklich lieben spielen digitale Grenzen sowieso keine Rolle.

(Empfohlen sei übrigens die englische Sprachfassung – die deutsche lässt mal wieder zu Wünschen übrig.)

Sehr schön: Amazon hat bereits eine zweite Staffel geordert.

Noch besser: Daniels hat mit „Space Force“ noch eine Serie am Start und die gibt’s bereits ab dem 29.05. (auf Netflix) – wir sind natürlich an Bord!

Upload (USA 2020) • Showrunner: Greg Daniels • Darsteller: Robbie Amell, Andy Allo, Chris Williams, Kevin Bigley, Owen Daniels, Allegra Edwards, Zainab Johnson, Christine Ko • Amazon Prime

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