27. Dezember 2021 1 Likes

„Beauty Water“ - Body-Horror aus Südkorea

Auch Koreaner können Cronenberg …

Lesezeit: 2 min.

… na ja, nicht ganz, aber dennoch: Der auf eine Geschichte des Webtoons „Tales of the Unusal“ von Oh Sung-dae basierende Animationsfilm „Beauty Water“ wird zwar im letzten Drittel etwas arg grell und diffus, aber sehenswert ist die Nummer, die man sich oder so ähnlich auch als Realfilm von David oder zumindest Brandon Cronenberg vorstellen könnte, durchaus – und überhaupt, wie oft kriegt man schon mal einen Animationsfilm aus Südkorea vor die Pupillen?

Erzählt wird in die Geschichte der übergewichtigen Yaeji, eine Make-Up-Künstlerin, die für eine hyper-arrogante Schauspielerin arbeitet und permanent deren Demütigungen ausgesetzt ist. Aus Frust stopft sich die junge Frau, die als Kind Ballerina-Träume hegte, nach getaner Arbeit mit Chips voll, verhält sich aggressiv gegenüber ihren Eltern und lässt als Internet-Troll Dampf ab. Doch eines Tages gerät sie in an das Mittel Beauty Water, mit dessen Hilfe sie ihr Gesicht problemlos neu gestalten kann, eine dubiose Kosmetikerin des Herstellers kümmert sich um den Rest. Aus der grauen Maus wird ein wunderschöner Schwan, der in einer nur auf Oberflächlichkeiten fixierten Welt natürlich sofort Karriere im Showbusiness macht. Womit ihre Probleme allerdings noch lange nicht beendet sind …

Der ästhetisch zwiespältige – es wird Handgezeichnetes mit Computeranimiertes gekoppelt – aber nicht reizlose Film ist allein schon deswegen bemerkenswert, weil er eine Figur in den Mittelpunkt rückt, die, im Trick- wie im Realfilm, verhältnismäßig selten auftaucht: Yaeji ist nicht grotesk fett oder gar hässlich, sondern lediglich etwas aus dem Leim geraten – die Außenseiterposition wird dadurch erfahrbarer als bei den sonst üblichen Überformungen. Und überhaupt legt der Film – zumindest in der ersten Hälfte – weitaus größeren Wert auf die psychologische Komponente als auf die sich angesichts der Thematik anbietenden Effekt-Bilder. So muss sich Yaeji nach ihrer wundersamen Wandlung erstmal in ihre neue Rolle einfinden, sie reagiert eher irritiert, als erfreut über den Umstand, dass sie nun aufgrund ihrer atemberaubend guten Aussehens angestarrt wird, die alten Erfahrungen wirken nach. Hier wird mit immerhin soviel Einfühlungsvermögen umgesetzt, dass man die gelegentlich etwas aufdringliche Gesellschaftskritik, die permanent mitschwingt (der Schönheitswahn ihrer Tochter frisst den Eltern weit mehr als die Haare auf dem Kopf) bereitwillig mitnimmt. Allerdings verwandelt sich nicht nur die Protagonistin, sondern auch der Film, doch leider zu dessen Nachteil – mit zunehmender Laufzeit kippt das Ganze in einen effektfokussierten Bodyhorror-Thriller, der das vormals gezeigte Interesse an seiner Protagonistin komplett aufgibt.

Trotzdem: Wer die Möglichkeit hat, einen der Vorführtermine wahrzunehmen, sollte nicht zaudern, zumal sich der Debütfilm von Cho Kyung-hun mit angenehm schlanken 85 Minuten zufrieden gibt.

„Beauty Water” läuft im Rahmen der KAZÈ Anime Nights am 28.12.2021 im Kino und erscheint am 17.02.2022 auf Blu-ray und DVD.

Beauty Water (Südkorea 2020) • Regie: Cho Kyung-hun • Sprecher (deutsche Version): Rieke Werner, Julian Tennstedt, Lisa May-Mitsching, Birte Baumgardt, Sabine Walkenbach

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