13. Dezember 2019 1 Likes

Auch Superhelden werden alt …

„Supervized“: Wie seine Protagonisten – voller Macken, aber trotzdem irgendwie ganz sympathisch

Lesezeit: 3 min.

Seit ein paar Jahren gibt es an Superheldenverfilmungen kein Vorbeikommen, egal ob im Kino oder im Fernsehen: Junge, attraktive Kostümträger und Kostümträgerinnen finden sich en masse und retten in regelmäßigen Abständen irgendetwas. Der Boom entbehrt nicht einer gewissen Logik. Die neoliberale Globalisierung hat tiefe Spuren im Alltag hinterlassen, Überforderung und Zukunftsängste sind allgegenwärtige Symptome. Der bunte Superheldeneskapismus mit seinen larger-than-life-Protagonisten, seiner schlichten Gut-/Böse-Weltsicht und der Gewissheit, dass trotz momentan trendiger Menschelei am Ende dann doch wieder irgendwie alles gut wird, ist natürlich das ideale Kontrastprogramm, um den immer größer werdenden Unsicherheiten des echten Lebens zumindest für eine gewisse Zeit zu entkommen.

Hier setzt „Supervized“ mit seiner charmanten und im Kern auch etwas gemeinen Grundidee an, die an sich nicht komplett neu ist, allerdings noch nie so deutlich im Vordergrund stand: Was wäre, wenn den strahlenden Helden das gleiche Schicksal bevorsteht wie uns allen? Wenn die Jungs und Mädels alt werden, sich mit Prostata-, Erektions- und weiteren Problemen rumschlagen müssen, ja sogar Krebs kriegen können?

Der Film von Steve Baron, Regisseur der 1990 veröffentlichten ersten und bis heute besten Verfilmung der „Teenage Mutant Ninja Turtles“-Comics, erzählt von einer Gruppe befreundeter internationalen Superhelden, die mittlerweile im irischen Altersheim Dunmanor zusammen mit anderen ehemaligen Superhelden vor sich hinvegetieren: Ray, früher bekannt als „Maximum Justice“ (Tom Berenger), kann Dinge durch seine geistigen Kräfte in Bewegung setzten, seine Freundin Madera „Moonlight“ (Fionnula Flanagan) „lenkt Energie aus der dunklen Dimension um die Kraft der alten Götter zu beschwören“ (was immer das auch konkret heißt, es sieht am eindrucksvollsten aus), Pendle, einst bekannt als „Total Thunder“ (Louis Gossett Jr.), kann sich in Hypergeschwindigkeit fortbewegen und Ted „Shimmy“ (Beau Bridges) kann auf der Stelle verschwinden und an einem anderen Ort wieder auftauchen. Doch die alten glorreichen Zeiten sind vorbei, die speziellen Kräfte werden höchsten noch genutzt, um den Fernsehen umzuschalten ohne aufzustehen oder sich alberne Wettrennen im Park zu liefern.


Gequälte Helden. „Supervized“, Kinostar

Die meisten haben sich mit ihrem Schicksal abgefunden, Ray hadert allerdings mit den Umständen und als Jerry „Rainbow Warrior“ stirbt, nachdem seine Superkräfte wegen einem Missgeschick auf einer Geburtstag Party von der Anstaltsleitung „runtergefahren“ wurden – eine übliche Disziplinierungsmaßnahme um die Helden in Griff zu behalten –, wittert er ein Verbrechen und beschließt Nachforschungen anzustellen. Doch seine Freunde glauben ihm nicht und seine Feinde sind um einiges jünger als er …


Umbrella Altenheim. „Supervized“, Kinostar

„Supervized“ beginnt mit einem Blick auf das blanke Gesäß des mittlerweile 70jährigen übergewichtigen Tom Berenger und bleibt sich bis etwa zur Hälfte der eingeschlagenen Linie treu. Gebisse fliegen durch die Gegend, Rollstühle werden mit Super-Feuerfürzen fortbewegt und natürlich ist Viagra ein Thema – der Film hat Spaß an seiner Grundidee und reizt diese mit einer Mischung aus gelegentlich smartem Witz, aber oft eher brachialen, dank der guten Darsteller trotzdem nicht immer unlustigen, Plattheiten entsprechend aus. Allerdings wird mit zunehmender Laufzeit mehr und mehr klar, dass die immerhin vier Drehbuchautoren nicht so recht wussten, wohin des Weges. Es wird nicht genug zugespitzt, um dem Geschehen auch nur einen Hauch Tiefenwirkung zu verleihen, inhärente Themen wie die Angst vor dem Vergessenwerden oder der Umgang mit alten Menschen in unserer Gesellschaft werden trotz Anflüge von Melancholie einer unverfänglichen Grundhaltung geopfert. Die Macher wollen in erster Linie unterhalten, was natürlich nicht verkehrt ist, allerdings kippt das anfänglich relativ fragmentarische Freidrehen in eine x-beliebige und dank wohl sehr niedrigem Budget leider nicht auf die charmante Art lausig CGI-getrickste Superhelden-Mission, deren einzige Alleinstellungsmerkmale das Alter der Protagonisten und deren geschmacklos-alberne Outfits sind. „Supervized“ erinnert hier ein klein wenig an „Shazam!“, der Anfang des Jahres ebenfalls Genre-Parameter verschoben hatte, um jeden Anflug von Pfiff dann schnöder Alltagsroutine zu opfern.

Das Barons unausgegorener, unterfinanzierter Film schlussendlich doch nicht völlig absäuft, ist einzig und allein der Besetzung zu verdanken: Die Chemie zwischen Berenger, Gossett Jr., Bridges und Flanagan ist stimmig, die Herren machen sich mit sichtlichem Spaß an der Freude zum Affen, und die Dame in der Männerrunde beweist, dass man auch durch so ein zotiges Umfeld mit einer Menge Grandezza schreiten kann. Zum Niederknien.

„Supervized“ läuft ab dem 12. Dezember 2019 im Kino. Abb.: Kinostar.

Supervized (Großbritannien/Irland 2019) • Regie: Steve Barron • Darsteller: Tom Berenger, Clive Russell, Fionnula Flanagan, Louis Gossett Jr., Beau Bridges, Fiona Glascott, Ned Dennehy

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