22. Mai 2012

Wir wollen diesen Krieg beenden

„Galdäa“ von Karsten Kruschel

Lesezeit: 3 min.

»Wir wollen diesen Krieg beenden«, sagt die galdäische Konsulin. Nanu?, fragt man sich als normales Mitglied einer der ursprünglich von den Irdischen abstammenden Völkerschaften. Erstens weiß man gar nicht so recht, dass es da – Fußnote der Geschichte – mit dem Staatengewirr auf dem Planeten Galdäa je einen Krieg gegeben hat. Und zweitens ist dieser doch längst mit dem Sieg des Flottenkommandos von Atibon Legba zu Ende gegangen. Aber der Student Michael Sanderstorm ist mit der Wahl seines Abschlussthemas gerade über diese Problematik gestolpert. Hier geht es um kosmische Geopolitik waffenstarrender Staaten. Ein Funke genügt … auf Galdäa ebenso wie bei den Machtgruppen der »Unsrigen«. Wobei die Frage, ob und wie die Bewohner Galdäas mit den Nachfahren der Menschen verwandt sind, lange offen bleibt.

Der Wurdack Verlag, dem wir diesen Roman zu verdanken haben, wird allmählich zur Großmacht auf dem Gebiet der deutschen Science Fiction; die Romane und Erzählungen aus diesem Hause sammeln nur so Science-Fiction-Preise und -Nominierungen ein. Kruschel hat für seine beiden Bände »Vilm. Der Regenplanet« und »Vilm. Die Eingeborenen«, die als eine Art Episodenroman betrachtet werden können, den Deutschen Science-Fiction-Preis bekommen. »Galdäa. Der ungeschlagene Krieg« spielt in einer anderen Gegend desselben Universums.

Zwei Kapitel des Buchs sind in anderer Fassung bereits in Kruschels Erzählband »Das kleinere Weltall« (1989) erschienen. In seinem Roman bringt er sie mit anderen Elementen zusammen, die er zu mehreren Handlungssträngen verflicht. Da gibt es den Actionthriller über eine Galdäerin auf der Flucht – hier fließt reichlich Blut. Andererseits gibt es den Künstlerroman um den gerade drogenentwöhnten Musiker Markus Hataka. Der Student Sanderstorm recher­chiert fast wie in einem Krimi. Planetenumspannende Landeskunde, eine Space Opera und beeindruckende Sozialreportagen werden dem Leser ebenfalls geboten. Die scheinbare Gegensätzlichkeit der Teile entspricht den sehr verschiedenen Lebens- und Sichtweisen der Nachkommen unserer Menschheit, die sich genetisch oder sozial der Lebensweise auf unterschiedlichen Planeten angepasst haben: Die Karnesen, Sechszentnerleute von einer eisigen Welt. Die Onisker mit ihrem originellen Familienleben. Die Utragenorier mit ihrer phantastischen Technik. Oder die Goldene Bruderschaft, die man überall im Kosmos findet, wo Geld zu verdienen ist. Das Mosaikartige des Romans ist seine Stärke, genau wie im richtigen Leben bleibt vieles offen. Dabei ist der Autor stilistisch und dramaturgisch fast immer auf der Höhe der jeweiligen Szene oder Person, nur wenige Stellen erscheinen als Zugabe, Beobachtungen, die er auch noch loswerden wollte.

Kruschel baut verfremdete Elemente des irdischen Alltags ein, etwa einen staubtrockenen Hochschulbürokraten. Oder – was gegen Ende, wo die Auseinandersetzungen richtig haarig werden, für eine witzige Komponente sorgt – ein geschwätziges Raumschiff namens Pilgernder Joker. Seine Entführerin findet das knubbelige lachsrote Ding zuerst niedlich und vermisst fast ein Sahnehäubchen oben drauf. Als es sie dann zuquatscht wie Karl, die fröhliche Büroklammer, wird ihr doch mulmig, denn es übernimmt allmählich das Kommando.

Am Ende hält der Roman, was er verspricht, und bringt alle losen Enden zusammen. Der weltenumspannende Streit wird geradezu optisch opulent beschrieben. Schließlich sind einige Rätsel gelöst, aber längst nicht alle Konflikte. Nichts ist gut auf Galdäa.

Karsten Kruschel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg • Roman · Wurdack Verlag, Nittendorf 2011 · 448 Seiten · € 14,95

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