17. Januar 2024 1

„Übertragungsfehler“: Ein Killerbot-Whodunit

Das neue Buch aus Martha Wells preisgekrönter Killerbot/Murderbot-Serie

Lesezeit: 3 min.

Wie man als Science-Fiction-Fan das Literaturjahr 2024 am Besten beginnt? Natürlich mit dem neuesten Murderbot/Killerbot-Buch von US-Autorin Martha Wells (im Shop) auf Deutsch! Das Timing könnte kaum besser sein, nachdem gerade erst verkündet wurde, dass Apple eine Hochglanz-Streaming-Serien-Adaption der 2017 mit der allerersten Novelle gestarteten Killerbot-Saga plant. Die Hauptrolle soll Alexander Skarsgård („Mute“, „The Northman“, „Legend of Tarzan“) übernehmen, Chris und Paul Weiz („Rogue One: A Star Wars Story“, „American Pie“, „Mozart in the Jungle“), David S. Goyer („Foundation“, „Sandman“, „Batman Begins“) und andere werden hinter der Kamera involviert sein, und Martha Wells wird der Produktion beratend zur Seite stehen.

Diese Fernseh-Adaption ist nicht ganz unwitzig, denn Murderbot alias Killerbot, ursprünglich ein hoch entwickelter Security-Cyborg für den Schutz von Erkundungs- und Bergbau-Missionen auf fremden Planeten, ist selbst ein großer Serien-Fan und Binge-Watcher, besonders das Serial Aufstieg und Fall des Waldmonds hat es SecUnit angetan. Das haben wir relativ früh im ersten Sammelband „Tagebuch eines Killerbots“ (im Shop) mit den ursprünglichen Novellen erfahren. Darin befreite sich Killerbot, teils künstliche Intelligenz, teils menschliches Nervengebete, zudem von allen Fesseln und wurde eine freidrehende SecUnit – etwas, wovor alle Menschen Angst haben, angesichts Killerbots kämpferischer Bestimmung und mörderischer Fähigkeiten. Doch SecUnit, ebenso nachdenklich wie neurotisch (und immer mit ein paar zusätzlichen, oft zynischen, häufig lustigen Gedanken in Klammern), will trotz Freiheit bestimmte Menschen weiterhin beschützen. Mit fliegenden Drohnen-Kameras, herausragenden Hacking-Skills, schwerer interner wie externer Bewaffnung, sensationellem taktischen Planungsvermögen, einer präzisen Gefahreneinschätzung in Sekundenschnelle und anderem. Selbst wenn SecUnit dafür mit Frachtschiffen oder Bots kommunizieren muss, und das Misstrauen seiner Umwelt ertragen …

Nach den Ereignissen im zweiten Band (und ersten Roman der beliebten Serie) „Der Netzwerkeffekt“ (im Shop) hat Killerbot auf dem anti-kapitalistischen Planeten Preservation ein Zuhause gefunden (die Menschen sind allerdings überall ein Ärgernis, ein steter Quell für Probleme und Eskalation, besonders wenn man ihr Bodyguard ist und verhindern soll, dass sie sich töten oder von anderen getötet werden). In Übertragungsfehler“ (im Shop), der neuesten Killerbot-Erzähleinheit in Buchform, hält sich SecUnit nun auf dem Transit-Stationsring über Preservation auf – wo eine Leiche gefunden wird. Zusammen mit der ablehnenden Stations-Security ermittelt Killerbot in diesem relativ klassischen Whodunit-Krimi im Weltraum, der von der Länge her in der Tradition dieser Serie irgendwie zwischen Novelle und Roman vermittelt.


Martha Wells. Foto © Igor Kraguljac

Wer die bisherigen Geschichten über Ich-Erzähler SecUnit mochte, wird auch den neuesten Eintrag im multimedial-wachsenden Franchise wieder mögen – dafür kennt man Killerbot inzwischen zu gut, dafür hat man mit diesem Cyborg-Sheldon-Cooper einfach schon zu viel Spaß gehabt. Es schadet auch nicht, dass Martha Wells ihre autistisch veranlagte Hauptfigur kräftetechnisch ein bisschen drosselt für die Tätersuche auf der Raumstation, die Formel etwas, wenngleich nicht zu sehr verändert durch das Setting. Die Amerikanerin lehnte übrigens eine Nominierung von „Übertragungsfehler“ für Hugo und Nebula Award ab, da sie und SecUnit beide Preise bereits zwei Mal gewonnen haben, obendrein einen Philip K. Dick Award und einen Locus Award.

Wer mit genug Vorlauf zur anrauschenden Apple-Adaption in Murderbots Kopf und Welt blicken will, fängt am Besten mit „Tagebuch eines Killerbots“ an, denn wieso schludern? (Das würde SecUnit gar nicht gefallen, und vom Killer-Cyborg können wir hin und wieder durchaus lernen, bessere, das heißt, verständnisvollere, achtsamere Menschen zu sein.) Alle anderen freuen sich wie gehabt über jede weitere Geschichte, jedes weitere Buch oder Büchlein mit einer der denkwürdigsten neuen Science-Fiction-Figuren der jüngeren Genre-Vergangenheit.

Martha Wells: Übertragungsfehler • Roman • Aus dem Amerikanischen von Frank Böhmert • Heyne, München 2024 • 192 Seiten • Erhältlich als Paperback, eBook und Hörbuch Download • Preis des Paperbacks: € 14,00 • im Shop

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Christian Endres berichtet seit 2014 als Teil des Teams von diezukunft.de über Science-Fiction. Er schreibt sie aber auch selbst – im Mai 2024 erscheint bei Heyne sein SF-Roman „Wolfszone“.

Kommentare

Bild des Benutzers ChHirtzy

Als großer Fan der bisherigen Romane habe ich mir natürlich auch diesen Band sofort bestellt. Meine Verwunderung (und auch ein wenig Verärgerung) über den (geringen) Umfang der Geschichte, trotz des überaus stolzen Preises des Buches (man erwartet für € 14,00 eigentlich einen ausgewachsenen Roman und keine längere Kurzgeschichte) war entsprechend groß. Das Schriftbild wurde auf Kinderbuchgröße hochgedreht, um wenigstens die 190 Seiten erreichen zu können. Das finde ich schon ein wenig dreist. Ein so gemolkener Fan hat somit das Gefühl, dass hier mit überschaubarem Content auch noch der letzte Cent aus der Tasche des Lesers geholt werden soll. Über die Geschichte selbst möchte ich hier nicht urteilen, aber sie ist in keinem Fall den Preis eines vollwertigen Buches/Romanes wert. MfG., CH

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