17. August 2018

„Alarm! Der Weltenzerstörer kommt!“

Cixin Lius kurze Novelle „Weltenzerstörer“ ist die Blaupause für seinen Weltbestseller „Die drei Sonnen“

Lesezeit: 3 min.

Der Kommandant der Weltraumpatrouille entdeckt einen Kristall, der direkt auf die Erde zufliegt. Als er ihn berührt, erwacht der Kristall zum Leben. Es ist eine Sonde, gebaut von Aliens, die einst auf Epsilon Eridani lebten, und sie bringt den Menschen eine Warnung: Der Weltenzerstörer kommt! Dieses gigantische, ringförmige Gebilde legt sich um Planeten „wie ein Reifen um einen Fußball“ und raubt dann alle Rohstoffe, Wasser, die Atmosphäre, Metalle. Wenn der Weltenzerstörer weiterzieht, bleibt nichts als ein Gesteinsbrocken im All zurück. Die Menschheit hat noch 100 Jahre Zeit, in denen sie sich auf das nahende Ende vorbereiten muss. Dass das unausweichlich ist, macht Beißer, der Botschafter der Weltenzerstörer, der kurz nach der Entdeckung des Kristalls auf der Erde landet, mehr als klar. Allerdings gibt es Hoffnung für die Menschheit: Wie Botschafter Beißer, ein gut zehn Meter großes Echsenwesen, schnell feststellt, schmecken Menschen wirklich ausgezeichnet! Einen Teil der Bevölkerung der Erde wird das Ringschiff der Weltenzerstörer also mitnehmen, wo sie dann als Delikatessen herangezüchtet werden. Bis zum 60. Lebensjahr, das verspricht Beißer, wird es den Überlebenden an nichts mangeln. Danach landen sie in den Mägen der Oberschicht. Der Kommandant der Weltraumpatrouille will sich mit diesem Schicksal jedoch nicht abfinden. Er bittet Beißer, dass 100.000 Menschen auf dem Mond Zuflucht suchen dürfen. Als Gegenleistung verlang Beißer, dass die Menschen den Mond aus seiner Umlaufbahn bewegen, weil er so nah an der Erde eine Gefahr für das gigantische Schiff wäre. Der Kommandant sagt zu – denn er hat einen Plan zur Rettung der Menschheit …

„Weltenzerstörer“ ist nach „Spiegel“ (im Shop) die zweite kürzere Geschichte von Cixin Liu, die auf Deutsch erscheint, und wie auch schon in „Spiegel“ finden sich hier einige Parallelen zu seinen Weltbestsellern „Die drei Sonnen“ (im Shop) und „Der dunkle Wald“ (im Shop) wieder: Eine fremde Zivilisation schickt sich an, die Menschheit zu vernichten; es bleibt eine gewisse Zeit bis zum Ende; und auch hier geben sich die einen ihrem Schicksal hin, während die anderen sich gegen die Fremden wehren wollen. „Weltenzerstörer“ liest sich wie eine Blaupause für einige der Ideen, die Liu vier Jahre später in seiner Trisolaris-Trilogie weiter ausgearbeitet hat. Der zeitliche und räumliche Rahmen ist dabei nicht ganz so gewaltig, aber immer noch groß genug, und auch die Weltraumstreitkräfte kommen zum Einsatz. Und einmal mehr zeigt Liu uns hier, dass wir trotz allem, was wir Menschen erreicht zu haben glauben, klein und unwichtig sind angesichts eines Universums, das mit Lichtjahren gemessen wird. Würde es uns morgen nicht mehr geben, der Rest der Galaxis würde es nicht einmal bemerken. Überhaupt, dass wir Menschen damit solche Probleme haben, liegt laut Botschafter Beißer „allein an eurem überholten Anthropozentrismus“. Aber es gibt noch eine Parallele zu „Die drei Sonnen“: so, wie Da Shi am Ende auf die Heuschrecken verweist, die es trotz aller Versuche der Menschen, sie als Schädlinge auszurotten, immer noch gibt, endet auch „Weltenzerstörer“ mit einer hoffnungsvollen Note, die von Insekten (in diesem Falle sind es Ameisen) überbracht wird. Ob die wohl eines Tages eine Zivilisation aufbauen werden, die nicht alles zerstören muss, um immer weiter zu wachsen?

Cixin Liu: Weltenzerstörer ∙ Novelle ∙ Aus dem Chinesischen von Marc Hermann ∙ Wilhelm Heyne Verlag, München 2018 ∙ 128 Seiten ∙ € 8,99 (im Shop)

Wer Cixin Liu einmal live erleben möchte, bekommt dazu im Oktober im Rahmen der Frankfurter Buchmesse Gelegenheit. Außerdem wird der chinesische Science-Fiction-Meister am 15.10.2018 in Hamburg beim Harbour Front Festival und am 17.10.2018 in der Berliner Buchhandlung Otherland lesen. Weitere Termine folgen.

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