1. Oktober 2014 2 Likes

Preise, Preise!

Wolfgang Jeschke bekommt den Kurd Laßwitz Preis und den ESFS Award

Lesezeit: 4 min.

Gleich dreimal wurde Wolfgang Jeschke in diesem Jahr ausgezeichnet: Im Juni 2014 gewann er mit seinem neusten Roman „Dschiheads“ (im Shop) erst den Deutschen Science Fiction Preis, dann den Kurd Laßwitz Preis in der Kategorie Bester Roman und schließlich ehrte ihn die European Science Fiction Society für sein Lebenswerk. Nachdem Wolfang Jeschke leider nicht überall sein konnte, wurden zwei der Trophäen – der Kurd Laßwitz Preis und der ESFS Award – gestern im Wilhelm-Heyne-Verlag übergeben.

Den Anfang machten die Europäer: Eckhard Marwitz überreichte den wunderschönen Preis der ESFS, einer lose strukturierten Organisation, die seit 1972 besteht. Gegründet wurde sie in Triest von europäischen Science-Fiction-Fans, die im Kalten Krieg den Kontakt zur osteuropäischen SF-Szene herstellen wollten – ein Unterfangen, das mitten im Kalten Krieg gelang und das auch in den heutigen politisch schwierigen Zeiten weiter gelingt: Der nächste EuroCon findet vom 23.-26. April 2015 in St. Petersburg statt.

Mit dieser Ehrung hat Wolfgang Jeschke zugleich die Aufnahme in die Hall of Fame erlangt und weiß sich dort in der guten Gesellschaft von Stanislaw Lem, Arkadi & Boris Strugatzki, Iain Banks, Ken MacLeod, Sergej Lukianenko, Stephen Baxter, Alastair Reynolds und Ian McDonald, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Nicht nur als Autor, sondern vor allem als seine Tätigkeit als Herausgeber und hier wiederum vor allem beim Wilhelm Heyne Verlag in München hat Wolfgang Jeschke die Science-Fiction-Szene in Deutschland geprägt: von 1979 bis 2002 war er Alleinverantwortlicher für das stetig wachsende Fantasy- und SF-Programm des Verlags. Er ermöglichte deutschen Fans den Zugang zum Werk internationaler Autoren, förderte deutsche Schriftsteller und begann 1986 mit der Herausgabe des Heyne Science Fictions Jahres (im Shop), das das Heyne SF-Magazin ablöste.

Von Anfang an stellte Jeschke unter Beweis, dass er selbst mit den gefeierten Autoren, die er verlegte, mithalten konnte: Seine erste Storysammlung „Der Zeiter“ (1970) sorgte für Aufsehen, sein erster Roman „Der letzte Tag der Schöpfung“ (im Shop; der Roman erschien auch zusammen mit „Midas“ und „Das Cusanus-Spiel“; diese Ausgabe gibt es ebenfalls im Shop) aus dem Jahr 1981 gewann den Kurd Laßwitz Preis (Jeschkes zweiter, wohlgemerkt) und wurde in ganz Europa und den USA verlegt. Insgesamt schrieb Jeschke in fünfzig Jahren nur sechs Romane, an die 30 Kurzgeschichten und eine Handvoll Gedichte und Hörspiele, aber viele seiner Texte wurden mit Genre-Preisen geehrt – und jeder, der schon einmal einen Text, sei er kurz oder lang, von Wolfgang Jeschke gelesen hat, weiß warum.

Bereits zum 19. Mal durfte Wolfgang Jeschke anschließend den Kurd Laßwitz Preis entgegennehmen, diesmal für seinen 2013 erschienenen Roman „Dschiheads“. Dieser Preis wird seit 34 Jahren nach dem Vorbild des amerikanischen Nebula Awards von einer Jury, bestehend aus Menschen, die professionell mit der SF zu tun haben, vergeben – dementsprechend hoch liegt die Messlatte, und immer wieder wird in einzelnen Kategorien kein Preis verliehen, weil sich keines der eingereichten Werke als „preiswürdig“ erweist. Und dementsprechend groß ist die Wertschätzung, die dem Label „Ausgezeichnet mit dem Kurd Laßwitz Preis“ in der SF-Szene zuerkannt wird.

Ziel war bei der Gründung 1980 durch Uwe Anton, Werner Fuchs und Hans-Ulrich Böttcher, die deutschen SF-Autoren in einem stark von amerikanischen Romanen dominierten Literaturmarkt herauszustellen, und dabei wurde im Laufe der Jahre so manche Perle entdeckt, die beweist, dass die deutsche SF alles andere als actionarme, dröge Nabelschau mit oberlehrerhaft erhobenem Zeigefinger ist. Die Preisträger-Liste liest sich wie das Who-is-who der deutschen Science Fiction: Carl Amery, Erik Simon, Herbert W. Franke (im Shop), Ronald M. Hahn, Horst Pukallus, Hans-Joachim Alpers, Andreas Brandhorst (im Shop) und Andreas Eschbach dürfen in den unterschiedlichsten Kategorien die begehrte Auszeichnung ihr eigen nennen.

Udo Klotz, seit 1991 Treuhänder des Kurd Laßwitz Preises, übergab die KLP-Urkunde und würdigte „Dschiheads“ in seiner Laudatio:

Der Missbrauch der Religion zur Machtausübung wurde nicht zum ersten Mal von Wolfgang Jeschke thematisiert, mit »Dschiheads« gelingt ihm das sehr eindringlich und facettenreich. Eingebettet in eine spannende Geschichte um eine Alienrasse und deren Status als intelligente Lebewesen stellt er nicht die Religiosität des Individuums an den Pranger, sondern den Fanatismus und Dogmatismus von Personen und Gruppierungen, die im Namen des Glaubens Andere unterdrücken, bevormunden, versklaven und schließlich weder vor Folter noch vor Genozid zurückschrecken.

Die komplette Würdigung ist auf der KLP-Homepage zu finden. Wolfgang Jeschke jedenfalls freute sich über seinen 19. KLP genauso sehr wie über seinen ersten (für die Statistik: 1980 für „Das Lexicon der Science Fiction Literatur“ zusammen mit Hans-Joachim Alpers, Werner Fuchs und Ronald M. Hahn).

Ohne Fans kein Fandom, ohne Fandom keine Awards: Anlässlich der Preisübergabe durften wir auch eine Delegation des Münchner Phantasten-Stammtisches begrüßen, sodass die Preisübergabe nicht ohne den verdienten Applaus blieb. Herzlichen Glückwunsch, Wolfgang Jeschke!

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