11. April 2024

„Iwájú“ – Afrofuturismus aus Nigeria

Eine Disney+ Serie vermischt westliche Bilder mit afrikanischen Geschichten

Lesezeit: 3 min.

Durch den Erfolg der „Black Panther“-Filme wurde der Begriff Afrofutuirismus einem breiteren Publikum bekannt, wurde erkannt, das aus dem immer noch viel zu oft als rückständig beschriebenen Kontinent interessante Geschichten kommen konnten, die einen Platz im globalen Geschichten-Fundus haben. Als passender Ort dafür erscheinen die Streamer, die sich seit Jahren Bemühen ihrem globalen Publikum auch Filme und Serien aus Regionen vorzusetzen, die oft vernachlässigt werden.

Etwas überraschenderweise ist es ausgerechnet Disney+, wo nun schon zum zweiten Mal eine Animations-Serie aus Afrika zu sehen ist. Im letzten Jahr waren in „Kizazi Moto“ noch Kurzfilme aus diversen afrikanischen Ländern zu sehen, die neue Serie „Iwájú“ ist dagegen aus einem Guss. Produziert wurde die sechsteilige Serie in Lagos, der Megametropole in Nigeria, wo es mit dem sogenannten Nollywood seit längerem schon eine florierende Produktionsstätte für Spielfilme gibt.

Sind diese jedoch meist roh und billig produziert, profitiert „Iwájú“ vom Geld, dass der Disney-Konzern in die Produktion zu stecken bereit war. Disney kooperierte mit dem einheimischen Studio Kugali, das seit längerem im Bereich der Graphic Novel, Augmented Reality und Animation arbeitet. Die Gründer Tolu Olowofoyeku, Ziki Nelson und Hamid Ibrahim fungieren auch als Macher dieser Serie.

Schauplatz ist ein futuristisches Lagos, in dem glänzende, gläserne Hochhäuser vom Aufstieg der Metropole erzählen, die aber auch Schattenseiten hat. Auf der glänzenden Seite lebt die zehnjährige Tola, deren Vater Tunde ein bekannter Tech-Unternehmer ist. Zum Schutz, aber auch zur Bewachung hat er seiner Tochter ein künstliches Wesen namens Otin gebaut, eine Art Echse, die spezielle Fähigkeiten besitzt, wie im Lauf der Serie deutlich wird.

Was auch nötig ist, denn eine Reihe von Entführungen hat das Sicherheitsgefühl der Reichen erschüttert. Diese Leben auf Inseln, die dem Festland vorgelagert sind, so wie es auch heute schon der Fall ist. Auf dem Festland lebt wiederum Kole, dessen Mutter um ein besseres Leben für ihren Sohn kämpft. Gemeinsam entdecken Tola und Kole die Vielfalt Lagos, seine pulsierenden Märkte, aber auch seine dunklen Ecken.

Stilistisch wirkt „Iwájú“ sehr glatt und hochpoliert, von grellen Farben geprägt, rasant und sehr global. Auch die inhaltliche Oberfläche bewegt sich auf bekannten Pfaden, erzählt vom Gegensatz zwischen Arm und Reich, variiert bekannte Muster einer Coming-of-Age-Geschichte, auch eine Figur wie die künstliche Eidechse Otin, die gleichermaßen für Komik wie für Rettung in letzter Minute zuständig ist, kennt man aus dem Disney-Kosmos zur Genüge.

Was den Sechsteiler jedoch sehenswert macht, sind die Details über Menschen und Leben in Lagos. Gesprochen wird meist auf Englisch, doch schon die einheimischen Sprecher sorgen für einen authentisch nigerianischen Sound, der noch dadurch verstärkt wird, das immer wieder Dialoge in der lokalen Sprache Yoruba und im Pidgin-Englisch eingefügt sind. Und auch visuell setzt sind die Authentizität fort: Von den unterschiedlichen Kostümen, mal traditionell, mal modern, über die Zubereitung von Gerichten, bis zu bestimmten Gesten. Nigerianische Kommentatoren waren gerade von solchen Details begeistert, die ein genaues Bild ihrer Welt zeigen.

Gerade deswegen zeigt sich einmal mehr, das es von unschätzbarem Wert ist, wenn so eine Serie aus einem Land selbst entsteht. Ein noch so wohlmeinender Blick von Außen, von einem Filmemacher aus dem Westen, könnte diese Details nie so genau wiedergeben. Bleibt zu hoffen, dass Disney den eingeschlagenen Weg weitergehen wird und auch in Zukunft Serien aus Regionen produziert, die auf dem globalen Markt noch viel zu wenig sichtbar sind.

Iwájú • Nigeria 2024 • sechs Folgen, je 17-23 Minuten, jetzt bei Disney+

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